»Ich kann das nur als herzlos bezeichnen«
Interview mit Sabine Zanker über die britische Abschiebepraxis
Die Juristin Sabine Zanker setzt sich seit Jahrzehnten für die Rechte Geflüchteter und anderer vulnerabler Gruppen im Vereinigten Königreich ein, die sich keine anwaltliche Beratung leisten können. Die letzten zehn Jahre lang war sie Mitglied des Independent Monitoring Board (IMB) des Heathrow Abschiebelagers. Dabei geht es um die Behandlung und die Rechte von Menschen, die abgeschoben werden sollen. Dieses Lager, von Sicherheitsmaßnahmen und räumlicher Ausstattung her mit einem Gefängnis vergleichbar, ist mit einer Kapazität von bis zu tausend Personen das größte seiner Art in Europa. Im Interview erklärt sie die Funktion von IMBs, was ihr aus den zehn Jahren besonders in Erinnerung geblieben ist und wie sich die politische Lage in Sachen Asyl und Migration in ihrer Wahlheimat Großbritannien entwickelt.
iz3w: Unabhängige Monitoring Boards sind eine spezifisch britische Angelegenheit – kannst Du etwas zu ihrer Geschichte und Funktion sagen?
Sabine Zanker:Unter dem Motto »Our eyes on the inside, a voice on the outside« (dt. »Unsere Augen im Inneren, eine Stimme nach Außen«) gibt es ein Independent Monitoring Board (IMB) in jedem Abschiebelager, in jeder Haftanstalt und in jeder Polizeistation, in der Menschen die Nacht verbringen müssen, sowie in jedem Flughafen, in dem Menschen festgehalten werden, um zu prüfen, ob sie ein Recht auf legale Einreise haben. IMBs sind unabhängige Beiräte. Sie sind mit ortsansässigen Ehrenamtlichen besetzt. Bei Gefängnissen gibt es sie seit dem Prison Act von 1952, bei Einrichtungen im Bereich Immigration und Asyl seit dem Asylum Act von 1999.
2003 ratifizierte das Vereinigte Königreich zudem eine zentrale Ergänzung der UN-Antifolterkonvention: das Fakultativprotokol