Im Hungerstreik: Pepi Schopper, Brala Ernst, Wallani Georg, Romani Rose, Jakob Bamberger. Zentralrat Deutscher Sinti und Roma
Von links oben: Pepi Schopper, Brala Ernst, Wallani Georg; unten: Romani Rose, Jakob Bamberger | © Zentralrat Deutscher Sinti und Roma

»Um endlich gehört zu werden«

Zur Geschichte des Hunger­streiks als politische Protest­form

Im April dieses Jahres jährt sich der Hungerstreik in der Gedenkstätte des KZ Dachau zum 45. Mal. Zwölf Sinti und eine Münchner Sozialarbeiterin machten damit auf NS-Kontinuitäten in der BRD aufmerksam – erfolgreich. Doch wie entstand eigentlich diese Protestform?

von Maximilian Buschmann

08.04.2025
Veröffentlicht im iz3w-Heft 408

Vor 45 Jahren, im Februar 1980, kündigte der Verband deutscher Sinti an, auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers in Dachau »einen unbefristeten Hungerstreik« durchzuführen, der nach Historikerin Daniela Gress die »entscheidende Wegmarke im politischen Emanzipationsprozess« der Sinti*zze und Rom*nja werden sollte. Am Hungerstreik beteiligten sich auch Überlebende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Einer von ihnen war Jakob Bamberger, der 1944 im KZ Dachau zu Salzwasser-Trinkversuchen gezwungen wurde. »Ich kann mich noch erinnern«, schrieb er später, »wir bekamen nichts zu essen und nur Meerwasser zu trinken«. Bamberger wurde im Konzentrationslager zum Hungern gezwungen.

»Mir bleibt kein anderes Mittel, mich zu wehren«

Im Februar 1980 hungerte er für die Wiedergutmachung der erlittenen Gewalt und gegen Kontinuitäten der Ausgrenzung in der Bundesrepublik. Denn in Westdeutschland war die antiziganistische Verfolgungs- und Vernichtungspolitik weitgehend unbeachtet geblieben. Formen von polizeilicher, amtlicher und gesellschaftlicher Diskriminierung hielten an. In seiner Erklärung zum Hungerstreik protestierte der Verband, dass die Münchner Polizeidienststelle, welche Deportation und Massenmord mitorganisiert hatte, im Landeskriminalamt »mit den alten NS-Akten« weiterarbeitete. Der Verband forderte die Entschädigung der Opfer und ein Ende der diskriminierenden Praxis in der Bundesrepublik. »Um endlich gehört zu werden«, traten zwölf Sinti und eine Münchn

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