
Die Kaste in der Klasse
Latrinenreiniger*innen in Indien
Ein öffentliches Kanalisationssystem ist in Indien kaum vorhanden. Der Großteil der Sanitäranlagen wird daher manuell gereinigt. Die Reinigungskräfte arbeiten dabei fast immer mit ihren Händen und verfügen selten über ausreichende Schutzausstattung. Die Arbeit wird als entmenschlichend empfunden, macht krank und fordert zahlreiche Todesopfer – normalerweise würde sie niemand machen. Deshalb gehört sie zur Lebensrealität der unteren Klassen.
Am 8. Juni 2024 starb Sher Singh. Er kam aus Uttar Pradesh (UP) aus einer Dalit-Familie, die sich mit der Reinigung von Latrinen, Sickergruben und Abwasserkanälen ihren Lebensunterhalt sicherte. Als Wanderarbeiter und Tagelöhner war er vor fünf Jahren in Delhi bei der Reinigung der Klärgrube eines Privathauses durch giftige Gase schwer verletzt worden. Ein weiteres Mitglied des Reinigungstrupps starb vor Ort durch Ersticken. Sher Singh lag mehrere Stunden bewusstlos in der Grube, bevor er herausgeholt wurde. Wie viele seiner Kastengenoss*innen litt er an Tuberkulose und Hepatitis B. Eine gesetzlich zugesicherte Entschädigung hat er nicht erhalten. Sein ältester Sohn, der mit 15 Jahren die Schule verlassen musste, um die Familie zu ernähren, ist ebenfalls schwer krank.
Am 11. Mai 2022 startete die Safai Karamcharis Andolan (SKA) die landesweite Kampagne »Stop Killing Us«. Nach einer Erklärung der Bewegung der sanitären Reinigungskräfte Indiens waren zwischen dem 1. Februar und dem 23. Juli dieses Jahres 43 Arbeiter bei der Reinigung von Klärgruben und Abwasserkanälen tödlich verunglückt. Sie waren ohne Schutzausrüstung im Fäkalienschlamm von Abwasseranlagen untergegangen oder an Gasen erstickt. Weder wurden die vorgeschriebenen Kompensationen gezahlt, noch wurden Polizei oder Gerichte aktiv. Im Jahr 2022 starben in den Gullys nach A