Feminismus und Ökonomie
Rezensiert von Julia Feaux
07.08.2024
Veröffentlicht im iz3w-Heft 404
Feministische Ökonomik ist mehr als der Gender Pay Gap, also der Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern. Das zeigt das Buch Feminist Political Economy – A Global Perspective deutlich. Verfasst wurde es von drei Frauen aus unterschiedlichen Generationen, Ländern und ökonomischen Disziplinen: Sara Cantillon, Odile Mackett und Sara Stevano nehmen darin eine umfassende Betrachtung der feministischen politischen Ökonomie vor.
Zunächst blicken die Autorinnen zurück auf die Entstehung der globalen ökonomischen Verhältnisse, um die einzelnen Themen der feministischen Ökonomik aufzufächern. Das Thema care (Sorgearbeit) wird erst theoretisch eingeordnet und dann auf die Ungleichheiten in Haushalten und Arbeitsmärkten hin untersucht. Im nächsten Abschnitt beziehen die Autorinnen den Staat als Akteur mit ein und fragen, welche genderspezifischen Auswirkungen staatliche Interventionen und ökonomische Krisen haben, ob Armut weiblich ist und etwa welcher Indikator echten Wohlstand erfassen könnte.
Anstatt die feministische Ökonomik und die globale Perspektive nur als eine Ergänzung zur Mainstreamökonomik zu behandeln, zeigt das Buch die strukturellen Denkfehler der neoklassischen Ökonomik auf und entwirft eine feministische Alternative.
Welcher Indikator erfasst echten Wohlstand?
Einen dieser Denkfehler stellt die Vernachlässigung von Machtverhältnissen dar. Die Mainstreamökonomik geht davon aus, dass alle Individuen die gleichen Handlungsmöglichkeiten hätten und ignoriert Machthierarchien innerhalb von Familien, Staaten und Wirtschaft. Dies wird von den Autorinnen immer wieder in Frage gestellt. So wird argumentiert, dass die Güter auch innerhalb eines Haushalts aufgrund von Machtgefällen selten gleichmäßig verteilt werden, wie es die Neoklassik annimmt.
Das Buch wird dem Anspruch einer globalen Perspektive gerecht, da es die historischen Kontexte der heutigen Wirtschaftsordnung einführend darstellt und darauf aufbauend die weiteren Themen durchdringt. Dabei werden Fallbeispiele aus unterschiedlichen Regionen des Globalen Nordens und Südens angeführt.
Eine Leerstelle im Buch ist die Frage, ob eine feministische Ökonomik in unserer patriarchal geprägten Welt überhaupt möglich ist. Das Buch lässt sich als akademisches, einführendes Standardwerk verwenden, da es außer einigen soziologischen Konzepten wenig voraussetzt. Durch die akademische Ausdrucksweise schließt es allerdings eine nicht-akademische Leserschaft eher aus. Für eine fachfremde Person mit akademischem Hintergrund kann das Buch jedoch eine anregende Einführung in ein neues ökonomisches Denken bieten.