Das Erbe von Tian’anmen
Chinas Angriff auf die internationale Menschenrechtspolitik
Chinas Außenpolitik hat sich unter der Präsidentschaft von Xi Jinping verändert – auch bezüglich der Menschenrechtspolitik. Die dabei geprägte Vorstellung einer »Schicksalsgemeinschaft der Menschheit« hat nun Einzug in internationale Abschlusserklärungen gefunden. Dies markiert eine Verschiebung in der internationalen Menschenrechtspolitik weg von klar formulierten Rechtsansprüchen. Die Ursprünge dieser Politik liegen letztlich in der staatlichen Reaktion auf das Tian’anmen-Massaker vor 35 Jahren.
Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UN) erkennt das »gemeinsame Streben nach der Schaffung einer Schicksalsgemeinschaft der Menschheit« an – so steht es in einer am 22. Juni 2017 verabschiedeten Resolution dieses bedeutenden Gremiums der internationalen Menschenrechtspolitik. Das Bemerkenswerte an der Formulierung ist, dass der pathetisch anmutende Ausdruck »Schicksalsgemeinschaft der Menschheit« kein Allgemeinplatz ist. Sie stellt vielmehr die offiziell proklamierte Vision einer neuen Weltordnung des amtierenden chinesischen Partei- und Staatschefs Xi Jinping dar. Die Resolution wurde von chinesischen Partei- und Staatsmedien als außenpolitischer Coup sowie Beleg für den großen Einfluss der Volksrepublik China (VR China) auf die internationale Menschenrechtspolitik gefeiert.
Aus der Sicht Xi Jinpings sind Menschenrechte Innenpolitik
Xis Vision zeichnet sich zwar auf dem Papier durch Multipolarität, Kooperation und Frieden aus. Aber sie ist auch geprägt durch einen starken Fokus auf die nationale Souveränität als oberstes und unantastbares Prinzip der internationalen Politik, durch eine Priorisierung des kollektiven Rechts auf ‚Entwicklung‘ gegenüber individuellen Freiheitsrechten sowie durch eine kulturrelativistische Ablehnung