
Unterm Radar
Kurznachrichten global
Russische Rekrutierungsmaschen in Ghana
»Study in Russia for free.« Damit wirbt eine Facebook-Anzeige und verspricht die Kostenübernahme eines Bachelors, Masters oder PhD in Russland für Ghanaer*innen. Es könnte sich dabei aber auch um eine der vielen Betrugsmaschen handeln, die Menschen in die russische Armee bringen sollen. Ende 2024 berichten immer mehr Medien von russischen Rekrutierungsmaschen auf dem afrikanischen Kontinent. Neben Söldner-Programmen und freiwilligen Kämpfern, würden Menschen auch unter falschen Versprechungen nach Russland gelockt. Viele müssten hohe Geldsummen entrichten und würden schließlich an die russische Front geschickt. Der Kreml weist die Vorwürfe zurück.

In Ghana sorgte Ende September 2024 der Fall von 14 jungen Männern für Entsetzen, denen eine Anstellung in der Landwirtschafts- oder Sicherheitsbranche versprochen wurde. Nach einem kurzen Training in Russland sollen sie in die russische Armee geschickt worden sein. Von dort aus wandten sie sich über Social Media an die ghanaische Öffentlichkeit. Mittlerweile gibt es mehrere solcher Berichte aus afrikanischen Ländern, aber auch aus Indien. Über soziale Medien warnen sich Nutzer*innen gegenseitig vor den Betrugsmaschen. Ob die Regierungen Gegenmaßnahmen einleiten ist gerade in den Ländern, die sich Russland zuwenden, fraglich.
Absage an neoliberale Politik in Kenia
Am 20. Dezember gab das Hohe Gericht in Kenia eine Entscheidung bekannt, die der Neoliberalisierung des Bildungssystems vorerst einen Riegel vorschiebt. Die Regierung hatte Mitte 2024 in einer Hauruckaktion ein neues Finanzierungsmodell für die Hochschulbildung eingeführt, welches die Kosten zulasten der Studierenden verschiebt. Im September kam es zu Protesten und Blockaden. Nun wies auch der Oberste Gerichtshof das Modell zurück – es verstoße unter anderem gegen die in der Verfassung verbrieften Rechte auf Gleichbehandlung und Freiheit vor Diskriminierung.
Das Modell kategorisiert Studierende nach ihrem sozioökonomischen Status und errechnet daraus den Eigenanteil der Studienkosten. So sollten, so hieß es, Studierende aus geringer verdienenden Haushalten durchaus entlastet werden. Nach der Implementierung beklagten allerdings Tausende, dass sie sich die Studiengebühren nicht mehr leisten könnten. Anfang Januar legten der Universities Fund und das Higher Education Loans Board (HELB) wiederum Berufung gegen das Urteil ein. Der kenianische Staat will die Bildungsausgaben gering halten. Das Ringen um den gerechten Zugang zu Bildung geht weiter.
Abtreibung in Mexiko entkriminalisiert
Am 25. November 2024 stimmte der Kongress des Bundesstaats Mexiko der Entkriminalisierung aller Schwangerschaftsabbrüche bis zur 12. Woche zu. Zuvor waren Schwangerschaftsabbrüche nur im Falle einer Vergewaltigung, Lebensgefahr der schwangeren Person oder schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Fötus erlaubt. Feministische Organisationen begrüßen das Urteil. Abgesehen davon hat die Marea Verde (Grüne Welle), wie sich die Pro-Choice-Bewegung in Lateinamerika nennt, noch viel zu tun: Nur 19 der 32 Staaten haben Abtreibung teilweise entkriminalisiert, die meisten von ihnen bis zur 12. Schwangerschaftswoche. Zugleich wurde in Mexiko-Stadt die erste Gesetzesinitiative für die vollständige Streichung des Abtreibungsparagraphen im Strafgesetzbuch vorgelegt.
Müll als Druckmittel in Indien
Die (oft Dalits genannten) Scheduled Castes sind in Indien aufgrund faktischer Kastenbarrieren diejenigen, welche die Müll- und Abwasserentsorgung sowie die Reinigung von öffentlichen Toiletten leisten müssen (iz3w 405). Dabei sind die hygienischen Bedingungen unmenschlich und die Bezahlung schlecht. Ende Oktober 2024 wehrten sich die Reinigungskräfte der Jawaharlal Nehru University in Neu-Delhi. Über eine Woche lang streikten mehr als 200 Vertragsarbeiter*innen und sorgten dafür, dass der Campus im Müll versank. Auslöser des Protests war die Weigerung der Universitätsverwaltung, einen fälligen Bonus auszuzahlen. Die Streikenden forderten die ordnungsgemäße Lohnauszahlung, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie angemessene Schutzkleidung von der Universitätsleitung.
Dem Justizsystem trotzen
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Am 16. Januar 2024 erinnerten zahlreiche Feminist*innen bei einem Protest in Mexiko-Stadt an den versuchten trans Feminizid an der Sexarbeiterin Natalia Lane. Der Fall erregte große Aufmerksamkeit in Mexiko, da es sich um den ersten Fall von versuchtem Mord an einer trans Frau handelt, der von der Staatsanwaltschaft auch unter geschlechtsspezifischen Aspekten untersucht wird. Aber der Täter, der Natalia am 16. Januar 2022 in einem Hotelzimmer mit einem Messer schwer verletzte, ist noch nicht verurteilt. Die Polizisten, die zum Tatzeitpunkt im Einsatz waren, sollen sogar versucht haben, Natalia davon abzubringen, Anzeige zu erstatten. In den sozialen Medien beschreibt Natalia den mittlerweile dreijährigen Gerichtsprozess als »Martyrium«. |