
Der nationale Islamismus kommt
Die Machthaber in Syrien bauen das Land neu auf
Wer sind die neuen Machthaber in Syrien? Aktuell scheint sich ihr Modell islamistischer Herrschaft stärker an den Taliban als am Dschihadismus zu orientieren. Kommt nun der ‚Islamismus in einem Land‘? Das erschließt sich nur, wenn man historische, regionale und jüngere Entwicklungen des politischen Islams in Syrien sowie insgesamt in den Blick nimmt.
Mit dem Sturz des Assad-Regimes und der Machtübernahme einer Übergangsregierung ist nicht nur Syrien in eine neue historische Phase getreten. Dasselbe gilt für einen Strang des Dschihadismus, der sich im syrischen Kontext weg von einer globalen hin zu einer regionalen Perspektive gewandelt hat. Die Übergangsregierung entstand aus dem salafistisch geprägten Milizenbündnis Hayat Tahrir al-Scham (HTS). Die Organisation kontrolliert bereits seit 2019 die Provinz Idlib. Aufgrund von Menschenrechtsverletzungen und ihrer dschihadistischen Vorgeschichte galt die HTS in vielen Ländern als Terrororganisation.
Letztlich scheiterten sowohl al-Qaida als auch der Islamische Staat
Was sich im Zuge der Regierungsübernahme relativ wenig veränderte, war das Islam- und Gesellschaftsbild der Hayat Tahrir al-Scham. Doch sie änderte ihre strategisch-räumliche Orientierung. Der klassische Dschihadismus, sowohl in der Form der al-Qaida als auch in Form des sogenannten Islamischen Staats (IS) war per Definition global ausgerichtet. Ziel war es, ein globales Kalifat zu errichten, das alle Muslim*innen in einem gemeinsamen Weltreich zusammenfassen sollte. Dementsprechend agierten beide globalen dschihadistischen Netzwerke, al-Qaida und IS, auch in einem globalen Schlachtfeld, das auch Anschläge in Europa und Nordamerika als Teil des eigenen Kampfs (Dschihad) definierte.
In die Tat umgesetzt wurde diese globale Orientie