Gemälde von Fratze mit vier Augen und blutigen Zähnen
Künstlerin: @dolores.alcatena

Grauen ohne Grenzen

Horror in Film und Literatur

Was ist das Politische am Gruseln? Im Horrorgenre begegnet unsere Gesellschaft ihren kollektiven Albträumen. Verdrängtes kommt zurück und das Unheimliche verweist gerade auch auf den Schrecken, der hinter dem Vertrauten lauert. Und weil auf den Schrecken der Normalität zu verweisen immer schon Anliegen der iz3w ist, proklamieren wir: Gespenster aller Länder, vereinigt euch!

Wer fürchtet sich eigentlich vor wem? Wer ist das ›Monster‹ und wer sind die ›Normalen‹? Bereits der Horrorfilm des 20. Jahrhunderts beantwortete solche Fragen oft sozialkritisch und ergriff Partei für die Unterdrückten. Gegenwärtig erfährt das Genre auch im Globalen Süden einen Boom. Wir fragen: Wie wird der Schrecken von Flucht und Migration in gegenwärtigen Horrorfilmen verhandelt? Was verrät Body-Horror über Geschlechterverhältnisse? Und welchen Beitrag leistet das Genre zur Aufarbeitung der Militärdiktatur in Argentinien?

Ge­spens­ter aller Länder…

Filmstill aus dem Horrorfilm »Dracula« (GB, 1958): Van Helsing (Peter Cushing) steht mit Hammer und Holzpflock vor einem Sarg

Angriff auf den falschen Frieden

Horror und Gesellschaftskritik

Den Menschen die Furcht zu nehmen, ist Antrieb menschlicher Zivilisation. Aufklärung und Wissenschaft verbannten die Angst ins Reich des Irrationalen, konnten jedoch ihre Ursachen nicht überwinden. Das Horrorgenre legt den Finger in diese Wunde.

von Georg Seeßlen

Fabrikruine Campomar in Buenos Aires, ein ehemaliges Geheimgefängnis

Das Monster und der Ehemann als Doppelbelastung

Die Kurzgeschichten und Romane der argentinischen Horror-Autorin Mariana Enríquez erzählen von einer Gesellschaft, die mit den politischen Verbrechen der Vergangenheit und einer prekären wirtschaftlichen Gegenwart zu kämpfen hat.

»Horror auf dem Hügel«

Eine verfluchte Lehrerin mit blutigem Lineal und eine rote Tür, die Geister ins Haus bringt. Im Kinderbuch »Terror en el cerro« verarbeiten Kinder aus prekären Stadtteilen in Valparaíso (Chile) ihre alltäglichen Erfahrungen in Horror-Kurzgeschichten.

Filmstill aus "Vij" (UdSSR, 1967), Natalja Varlej als Hexe Pannočka in einem weißen Gewand vor schwarzem Hintergrund

Wenn Blicke töten

Horror passte nicht in die Kunstpolitik der Sowjetunion. Dennoch wagten sich 1966 zwei Absolventen der staatlichen Filmhochschule an eine Filmadaption der Schauererzählung »Vij« (im Deutschen: »Wij«) von Nikolaj V. Gogol.

Filmplakate vor einem Ladengeschäft in Cape Coast, Ghana

Dämonisches Docutainment

Mit Hexen, Flüchen, bösen Geister und Ritualmorden greifen Nollywood-Produktionen auf Horrormotive zurück. Deren Zugehörigkeit zur Sphäre der Fantasie ist dabei nicht selbstverständlich. Das hat auch Auswirkungen auf die reale westafrikanische Gesellschaft.

Filmstill »His House« (GB, 2020), Rial (Wunmi Mosaku) und Bol (Sope Dirisu), hinter einem Fenster, Vorhang zur Seite

Es ist die Zeit der Monster

Zwei gegenwärtige Horrorfilme erzählen von den Schrecken der Migration: In »His House« geht es um Traumata, die die Geflüchteten auch im Aufnahmeland verfolgen. »Atlantique« erzählt Flucht aus Sicht der Zurückgebliebenen sowie eine schaurige Rachegeschichte.

Filmstill aus »Titane«, Alexia mit Streichholz links, rechts Feuer

Maschinenfetisch und Coming-Out

Im Body Horror werden Körper entstellt, aber nicht immer bedeutet das Zerstörung. Der japanische Film »Tetsuo. The Iron Man« und »Titane« aus Frankreich zeigen das Zusammentreffen von Mensch und Maschine als Fantasie jenseits der Heteronormativität.

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