
Chaos im Klassenkampf
Wer von Klasse nicht nur sprechen will, muss sie anfechten
Die fortgeschrittene Diskussion über Klasse hat den Horizont über die industrielle Produktion hinaus geöffnet. Der Zusammenhang der Klasse mit der zugrundeliegenden kapitalistischen (Re-)Produktionsweise muss aber wieder nachgeschärft werden. Nun gilt es, Perspektiven jenseits der Klassenteilung theoretisch und praktisch und zu entdecken.
Seit einigen Jahren wird wieder verstärkt eine Diskussion zum Begriff Klasse geführt. Das ist erstmal zu begrüßen. Denn der Klassenbegriff zielt auf das Gesamt der kapitalistischen (Re-)Produktionsweise – jedenfalls dann, wenn wir ihn im weitesten Sinne an Marx anlehnen und kapitalistisches Arbeiten und (Re-)Produzieren vom Standpunkt der prinzipiellen Veränderbarkeit her denken. Dann bedeutet von Klasse zu sprechen mehr als auf massive Ungleichheit hinzuweisen oder Lebensstile, Einkommen und Konsum von – zum Beispiel – Industriearbeiter*innen nur zu klassifizieren.
Die wesentliche Frage bei Marx in Bezug auf Klassen ist nicht, wie voll oder leer der Geldbeutel der sozialen Akteure ist. Gegenstand seiner Kritik ist die herrschende (Re-)Produktionsweise, die auf Geld als Kapital ausgerichtet ist. Entsprechend zielt Klasse als kritischer Begriff auf die heute als selbstverständlich wahrgenommenen Strukturen und Voraussetzungen kapitalistischer (Re-)Produktionsweise und deren Historizität und prinzipielle Vergänglichkeit: Eigentumsverhältnisse, in denen die Kapitalist*innen über den Löwenanteil der für das Herstellen der Lebensmittel erforderlichen Ressourcen nach ihrem Profit-Gusto verfügen (Boden, Maschinen, Patente…) – und eine Organisation von Arbeit, die direkt oder indirekt unter dem (auch körperliche Grenzen überschreitenden) Kommando der Kapitalverwertung steht, um notwendige (etwa Brot) ebenso wie hochgradig fragwürdige soziale