
An der Schwelle zur Demokratie
Thailand nach den Wahlen
Bei den Wahlen in Thailand haben demokratische Parteien triumphiert. Sie richten sich gegen die Macht des Militärs und wollen die Monarchie reformieren. Doch es wäre nicht das erste Mal, dass die Streitkräfte und der König in demokratische Prozesse intervenieren.
Das Wahlergebnis vom 14. Mai 2023 in Thailand ist eine schallende Ohrfeige für das Militär. Die von den Streitkräften unterstützten Parteien Ruam Thai Sang Chat (»Vereinte Thais bauen die Nation«) und Palang Pracharat (Partei der Macht des Volksstaats, PPRP) kamen zusammen mit der monarchistischen Prachathipatai (Demokratische Partei) auf insgesamt nur 16 Prozent der Stimmen. Die Militärjunta, die sich 2014 an die Macht geputscht hat, verliert damit weiter an Legitimität.
Klarer Wahlsieger ist die junge und progressive Gau Glai Partei (Move Forward Party, MFP). Sie gewann über 14 Millionen der Stimmen (38 Prozent). Auch die Partei Phuea Thai (Für Thais), die dem 2006 vom Militär gestürzten Premier Thaksin Shinawatra nahesteht, hat mit fast 30 Prozent gut abgeschnitten. Damit verfügen die beiden bekanntesten militärkritischen Parteien über eine deutliche Mehrheit im Unterhaus.
Der überraschend deutliche Sieg der demokratischen Parteien ist auch Folge eines Prozesses, der in Thailand seit nunmehr zwanzig Jahren andauert. In diesem hat die breite Masse der Bevölkerung die politische Bühne des Landes betreten. Aus einer rapiden Abfolge von politischen Umbrüchen zogen die Menschen Lehren, die bis heute das Bewusstsein von Millionen nachhaltig prägen. Es handelt sich dabei um ein Erwachen, das auch über Thailand hinaus von Bedeutung ist, wenn man über das Verhältnis von Entwicklung und Demokratie nachdenkt, und wenn man die sich global ausbreitenden autoritären Tendenzen zurückdrängen will.