Das schreiben wir um
Die Erinnerungspolitik in Indien wird hinduisiert
Indiens rechte BJP-Regierung behauptet, Indien sei vor den ‚muslimischen Invasionen‘ immer das Land der Hindus gewesen. Der Hindunationalismus sei die »Korrektur eines historischen Unrechts«. Zugunsten dieser Sichtweise werden unter anderem Schulbücher umgeschrieben. Eine solche antimuslimische und nationalistische Erinnerungspolitik kann Menschenrechtsverletzungen gegenüber Minderheiten Vorschub leisten.
Die regierende Indische Volkspartei (Bharatiya Janata Party, BJP) hat nie einen Hehl aus ihrem politischen Ziel gemacht, Indien zum Hindustaat umzuformen. Zur Rechtfertigung verweist sie auf die große Mehrheit der Hindus in der Bevölkerung (über 80 Prozent), aber auch auf die indische Vergangenheit. Geschichte und Erinnerung gehören zu ihren wichtigsten ideologischen Ressourcen.
Bereits zu Zeiten der Kolonialherrschaft stand die Geschichte im Zentrum der Debatte um das Selbstverständnis Indiens. Und dies, obwohl, oder gerade weil, den Inder*innen von britischer oder europäischer Seite lange die Fähigkeit zu historisch reflektiertem Handeln abgesprochen wurde. Der indische Freiheitskampf war daher immer auch ein Kampf um die Deutungshoheit über die eigene Vergangenheit. Für die Souveränität Indiens brauchte es eine selbstbestimmte Darstellung von dessen Geschichte. Nicht nur den Historikern war klar: »Zu einem freien Indien gehört eine freie Geschichte Indiens.« (Mohammad Habib, 1947).
Ist die Republik Indien hinduistisch?
Entsprechend wichtig wurden Geschichte und Erinnerung im postkolonialen Indien nach 1947 genommen. Die Richtungskämpfe der Parteien und gesellschaftlichen Gruppen waren häufig durch Bezugnahmen auf die Vergangenheit geprägt. Die offizielle Darstellung und die schulische Vermittlung von Geschichte wurden zum Gegenstand politischer Auseinand