Ugandas Öldilemma

Kontrontroversen um das schwarze Gold

Audiobeitrag von Julia Duffner und Geoffrey Ssebaggala

09.04.2024

In der Region Hoïma in Uganda wurden 2006 Ölvorkommen entdeckt. Diese stehen im Zentrum einer Kontroverse: Auf der einen Seite macht sich die ugandische Regierung Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufschwung, auf der anderen Seite gibt es Zwangsumsiedlungen, unzureichende Entschädigungen und Umweltbedenken.

Einen Einblick in ihre jeweiligen Perspektiven auf den geplanten Bau der ostafrikanischen Rohölpipeline EACOP gewähren Anwohner*innen, eine Umweltschützerin und die Ministerin für Energie und Mineralien in Uganda. Einführend fassen Geoffrey W. Ssebaggala von Witness Radio Uganda und Julia Duffner vom südnordfunk die Kontroversen zusammen und informieren über Hintergründe der geplanten Pipeline.

Zu Wort kommen die Anwohner*innen Twijjikye Wilberforce, Wellen und Tugume Racheal, Diana Nabiruma von Africa Institute for Energy Governance (AFIEGO) sowie Ruth Nankabirwa vom ugandischen Entwicklungsministerium für Energie und Mineralien. Eine gemeinsame Produktion von Witness Radio Uganda und dem südnordfunk.


Skript zum Audiobeitrag

Erstausstrahlung am 2. April 2024 im südnordfunk #119

 

Moderation: Das in Ostafrika gelegene Uganda wurde 1908 von Winston Churchill als »Perle Afrikas« bezeichnet. Damit wollte er auf die außergewöhnliche Schönheit, Vielfalt und den natürlichen Reichtum dieses Landes zum Ausdruck bringen. Etwa 220 Kilometer von Ugandas Hauptstadt Kampala entfernt liegt der Bezirk Hoïma, wo im Jahr 2006 die ersten Ölvorkommen entdeckt wurden. Dieser Bezirk ist die Heimat von verschiedenen Gemeinschaften, darunter die Banyoro, Bagungu, Baganda, Banyankole, Bakiga und Lugbara. *

Seit der Entdeckung der Ölvorkommen hat die ugandische Regierung deren Erschließung aktiv gefördert, in der Hoffnung, dass sie einen bedeutenden Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes leisten werden. Es gibt insgesamt drei Projekte: Den Bau der East African Cruide Oil Pipeline (EACOP) durch Uganda und Tansania bis in den Hafen von Tanga. Die Pipeline startet bei den beiden Ölfeldern Tilenga und Kingfisher. Tilenga umfasst große Ölfelder in den Distrikten Hoïma, Nwoya und Bulisa sowie eine Ölraffinerie. Das Kingfisher-Projekt hat Ölfelder im Distrikt Kikube sowie eine Ölraffinerie im Unterbezirk Buseruka.

Beide Erschließungsprojekte umfassen eine zentrale Aufbereitungsanlage (Central Processing Facility oder CPF), in der das aus den Bohrlöchern geförderte Öl, Wasser und Gas getrennt und aufbereitet werden. Die CPFs von Tilenga und Kingfisher werden durch Zubringerleitungen mit dem Startpunkt der Pipeline EACOP in Kabaale verbunden.

Drei Projekte, ein Desaster

Die drei Projekte werden von TotalEnergies Exploration and Production (TEPU) aus Frankreich im Auftrag der Joint-Venture-Partner betrieben. Zu deren Partnern gehören TotalEnergies mit einer Mehrheitsbeteiligung von 56,67 Prozent, die China National Offshore Oil Company (CNOOC) mit 28,33 Prozent und die Uganda National Oil Company (UNOC) mit 15 Prozent.

Die 296 Kilometer lange Pipeline in Uganda wird durch zehn Bezirke und 25 Unterbezirke führen, während die insgesamt 1.147 Kilometer lange Pipeline in Tansania acht Regionen und 25 Bezirke durchqueren wird.

Laut Angaben auf der Website von TotalEnergies ist für die Fertigstellung der Projekte Tilenga und EACOP ein Landerwerbsprogramm mit einer Fläche von rund 6.400 Hektar erforderlich. Dieses Programm erfordert die Umsiedlung von 775 Hauptwohnsitzen und betrifft insgesamt 18.800 Menschen. Darüber hinaus gibt die Petroleum Authority of Uganda (PAU) an, dass für den Bau des Kingfisher-Projekts etwa 1.020 Hektar Land mit insgesamt 727 Wohnsitzen benötigt werden.

Die ugandische Regierung treibt die Ölprojekte entschlossen voran, doch sie stoßen auf heftigen Widerstand seitens der lokalen Bevölkerung und Umweltschützer*innen. Diese kritisieren die Regierung und befürchten negative Auswirkungen auf Umwelt, Mensch und Klima.

Gebrochene Versprechen

Ein im letzten Jahr veröffentlichter Bericht mit dem Titel »Unser Vertrauen ist zerbrochen«* zeigt die großen Verluste an Land und Lebensgrundlagen aufgrund der Ölförderung in Uganda auf. Human Rights Watch (HRW) klagt an, dass die geplante Ölpipeline von TotalEnergies in Ostafrika (EACOP) die Lebensgrundlage tausender Menschen in Uganda zerstört habe, was die kritischen Stimmen wiederum verstärkte.

HRW fügte hinzu, obwohl neunzig Prozent der Betroffenen eine Entschädigung von TotalEnergies EP Uganda erhalten hätten, habe sich die Auszahlung der Entschädigung mehrere Jahre verzögert und sei unzureichend. Felix Horne, ein leitender Umweltforscher bei Human Rights Watch, bezeichnete die Ölprojekte als eine Katastrophe für Zehntausende. Viele hätten ihr Land verloren, das ihre Familien ernährte und ihnen ein Einkommen verschaffte, um ihre Kinder zur Schule zu schicken. Die Entschädigung für ihr Land sei viel zu gering, um davon leben zu können.

Trotz dieser Kritik bleibt die Regierung, unter anderen Ruth Nankabirwa, die Ministerin für Energie und Mineralienentwicklung, bei ihrem Standpunkt, dass die Menschen angemessen entschädigt wurden.

Ruth Nankabirwa: Für das Tilenga-Projekt haben wir 98 Prozent des Landes bereits erworben. Alle vom Projekt betroffenen Personen wurden vollständig entschädigt, mit Ausnahme von zwei Prozent, die die Entschädigungspakete abgelehnt haben. Diese Zahlen spiegeln unser Engagement für einen fairen und verantwortungsvollen Landerwerb für unsere Projekte wider. Und ich bemühe mich weiterhin um die zwei Prozent, damit sie auf das Angebot der Regierung eingehen. Das Kingfisher-Entwicklungsgebiet ist das Gebiet rund um den Mwitanzige*. Dort haben wir erfolgreich 100 Prozent des benötigten Landes für das Kingfisher-Projekt erworben. Alle vom Projekt betroffenen Personen wurden vollständig entschädigt.

Die ostafrikanische Rohölpipeline EACOP ist ein Midstream-Projekt. Es erstreckt sich über etwa 2.740 Hektar in Uganda, 3.600 Personen sind davon betroffen. 177 Menschen müssen umgesiedelt werden. Für die Umsiedlung wurden Häuser von guter Qualität gebaut und übergeben. Mindestens 95 Prozent der Betroffenen haben Entschädigungsvereinbarungen unterzeichnet, 91 Prozent der Entschädigungen wurden bereits ausgezahlt, die restlichen Zahlungen laufen noch.

»Öl wird kritisch bleiben, es sei denn, wir entdecken Ersatzstoffe«

Es gibt 116 Fälle, in denen ein zwangsweiser Landerwerb in Betracht gezogen wird, z. B. weil der Besitzer oder die Besitzerin trotz Nachforschungen unauffindbar ist. Andere Personen oder Grundstückseigentümer haben untereinander, innerhalb der Familie, Streitigkeiten, wer für diesen Geldbetrag unterschreiben soll. Diese Fälle gibt es.

Manche lehnen die Entschädigungsangebote auch ab. Wir wissen, dass die Verleumder nicht geschlafen haben, die gegen das Projekt kämpfen. Wir wissen, dass sie einige dieser Menschen verwirrt haben.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich ihnen sagen, dass die Verfassung der Regierung das Mandat gibt, dieses Land zwangsweise zu erwerben. Deshalb haben wir den Generalstaatsanwalt eingeschaltet, und wir werden dieses Land sehr bald zwangsweise erwerben. Das Geld für die Entschädigung werden wir zurücklegen und auszahlen, wenn die abwesenden Grundbesitzer zurückkehren, und wenn diejenigen, die noch unter sich streiten, ihre Streitigkeiten beenden.

Sprecherin: Im Gegensatz zu den Behauptungen des Regierungsministeriums geben einige Personen an, dass sie aus ihren Häusern vertrieben wurden, jedoch keine angemessene Entschädigung erhalten haben. Andere wurden zwar entschädigt, jedoch nicht ausreichend. Einige wurden umgesiedelt, sind aber mit der Summe unzufrieden. Es gibt auch Anwohnende, die eine niedrigere Entschädigung ablehnen und stattdessen eine Erhöhung der Entschädigung für ihre Ländereien und Besitztümer fordern. Allerdings werden diese Personen gar nicht entschädigt, sondern die Regierung greift auf gerichtliche Maßnahmen zurück, um das für die Entschädigung vorgesehene Geld auf ein Treuhandkonto einzuzahlen. Hunderte von Menschen fallen dieser Taktik zum Opfer.

Taktische Eilanträge

Ein unvergessliches Ereignis war, als das Oberste Gericht im Bezirk Hoïma der Regierung im Namen von TotalEnergies die Genehmigung erteilte, Geld auf die Konten des Gerichts einzuzahlen. Diese Entscheidung erging am 4. Dezember 2023. Die Generalstaatsanwaltschaft, die das ugandische Ministerium für Energie und mineralische Entwicklung vertritt, hatte sich in aller Eile an das Gericht gewandt und um die Genehmigung gebeten, eine Entschädigung zu hinterlegen und mit der Räumung von 42 Haushalten aus den Dörfern Kasenyi, Kizongo, Kirama und Bugigo im Bezirk Buliisa fortzufahren.

Die Eilentscheidung des Gerichts bezog sich auf einen Fall, in dem die Regierung die Genehmigung des Gerichts beantragte, Gelder auf ihr Konto für diejenigen einzuzahlen, die sich gegen eine Entschädigung für das Tilenga-Projekt ausgesprochen hatten. Bemerkenswert ist, dass die Entscheidung nur vier Tage nach Einreichung der Klage erging und nur eine einzige Anhörung zuließ.

Twijjikye Wilberforce, ein 44-jähriger zweifacher Familienvater aus dem Dorf Kihiigwa in der Gemeinde Kidooma im Unterbezirk Kiziranfumbi im Distrikt Kikuube, gehört zu den vom Projekt der East African Crude Oil Pipeline (EACOP) Betroffenen. Als 2018 die Landvermessung für das EACOP-Projekt begann, wurde ein Teil seines zwei Hektar großen Grundstücks als Bestandteil des Projektgebiets identifiziert und beschlagnahmt. Twijjikye hat sich beharrlich geweigert, sein Land für das Projekt aufzugeben, weil er es für unterbewertet hält und die damit verbundenen Versprechen nicht eingehalten wurden. Das Projekt habe nicht genug für die negativen Auswirkungen sensibilisiert. Stattdessen wurden den Anwohnenden nur optimistische Darstellungen präsentiert, die umfangreiche Entschädigungen, Wohlstandszuwachs und Beschäftigungsmöglichkeiten versprachen, die bis heute nicht eingetreten sind.

»Die negativen Auswirkungen des Ölprojekts wurden nicht transparent gemacht«

Twijjikye Wilberforce: Ich habe die Entschädigung für mein Land abgelehnt, weil sie unzureichend war. Ursprünglich hatten sie uns dazu gedrängt, unser Land abzugeben. Sie versprachen eine beträchtliche Entschädigung und Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Realität sah jedoch anders aus. Die Entschädigung war unzureichend, und als wir unsere Bedenken äußerten, drohten sie damit, uns unser Land wegzunehmen und die Entschädigung beim Gericht zu hinterlegen. Außerdem wurden die negativen Auswirkungen des Ölprojekts nicht transparent gemacht. Während sie die Vorteile angepriesen haben, haben sie mögliche negative Auswirkungen einfach verschwiegen.

Sprecherin: Frau Tugume Racheal, eine alleinerziehende Mutter von vier Kindern, erhielt nur 500.000 ugandische Schilling (damals knapp 130 US Dollar) als Entschädigung für ihren Anteil an Land und Eigentum, da ihr Land für die Nutzung durch die EACOP vorgesehen war. Sie berichtete, dass sie und andere in ihrer Gemeinde bedroht wurden, damit sie die unzureichende Entschädigung akzeptieren. Man drohte ihnen damit, dass die Regierung ihr Land beschlagnahmen würde, ohne dafür zu bezahlen, wenn sie das Angebot ablehnten.

Tugume Racheal: Wann immer wir Einwände vorbrachten, wurden wir gezwungen, die angebotene Entschädigung zu akzeptieren, obwohl sie unzureichend war. Wir wurden eingeschüchtert, und die Beamten warnten uns, dass unser Land von der Regierung ohne jegliche Entschädigung beschlagnahmt werden würde, dass wir es nicht schaffen würden, dagegen anzukämpfen. Ich selbst stehe hier als Beispiel: Mein Land mit seinen Feldern wurde auf 500.000 Schilling geschätzt, was nicht einmal ausreicht, um anderswo Land zu kaufen.

Sprecherin: Ein anderes Gemeindemitglied, das es aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen vorzog, nur mit dem Namen Wellen genannt zu werden, meinte, das Projekt habe die Anwohner*innen nun zu Bettelnden gemacht, da viele von ihnen ihre Lebensgrundlage verloren haben.

Wellen: Durch das Ölprojekt wurde ich von meinem Land vertrieben. Jetzt leben meine Familie und ich weiterhin in Armut. Das Projekt hat unsere Lebensgrundlage zerstört. Vorher ging es uns besser, seitdem leiden wir nur noch. Mein Land wurde mir weggenommen, und jetzt muss ich sogar das Land pachten, wo ich Lebensmittel anbauen kann, um zu überleben.

Ölförderung im Hotspot afrikanischer Biodiversität

Sprecherin: Die East African Crude Oil Pipeline (EACOP) wird durch eine Vielzahl von Ökosystemen und menschlichen Siedlungen verlaufen, wobei etwa ein Drittel der Strecke entlang des Viktoriasees führt - dem zweitgrößten Süßwassersee der Welt und dem größten See in Afrika, der eine wichtige Wasserquelle für mehr als 40 Millionen Menschen darstellt.

Die Pipeline durchkreuzt sieben Waldreservate, zwei Wildreservate, zwei Wildschutzgebiete und ein offenes Gebiet, das das Wildtiermanagement unterstützt, und umfasst insgesamt 295 Kilometer geschütztes Land. Fast 2.000 Quadratkilometer geschützter Lebensraum für Wildtiere werden durch die EACOP negativ beeinflusst.

»Sie versprachen eine beträcht­liche Ent­schädigung und Beschäftigungs­möglich­keiten«

Ein Bericht des Afrikanischen Instituts für Energieentwicklung (AFIEGO), einer gemeinnützigen Organisation in Uganda, die politische Forschung betreibt und sich für eine energiepolitische Gestaltung zugunsten der Armen und Benachteiligten einsetzt, beauftragte zwischen März und Juni 2023 einen unabhängigen Feuchtgebietsexperten mit der Untersuchung der von der East African Crude Oil Pipeline (EACOP) betroffenen Feuchtgebiete in Uganda. Die GIS-Analysen ergaben, dass die EACOP mehr als 158 Feuchtgebiete in Uganda durchqueren wird. Laut AFIEGO hatte die EACOP-Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung (ESIA) nur vier Feuchtgebiete als betroffene Gebiete identifiziert: Kafu, Nabakazi, Katonga und Kibale.

Diana Nabiruma, ugandische Kommunikationsexpertin und Umweltschützerin, die mit AFIEGO zusammenarbeitet, weist darauf hin, dass Ölprojekte im Albert-Graben die biologische Vielfalt stark beeinträchtige: Betroffen sind eine Reihe von Ramsar-Gebieten (Anmerkung: Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung nach der Ramsar-Konvention) und Millionen von Ostafrikaner*innen, die für ihre Wasser- und Fischereiaktivitäten vom Viktoriasee abhängen.

Diana Nabiruma: Im Jahr 2006 wurden in Uganda besondere Ölvorkommen entdeckt – zum Leidwesen des Landes im Albert-Graben. Der Albert-Graben ist einer der Gründe, warum Uganda sehr schön ist. Er ist aber auch eine der ökologisch empfindlichsten, artenreichsten und unberührtesten Regionen der Welt. Im Albert-Graben befinden sich sieben der zehn Nationalparks Ugandas. Außerdem befinden sich hier acht der 15 wichtigsten Wälder des Landes. Er beherbergt auch die Hälfte der Vogelarten Afrikas, über 30 Prozent der weltweiten Vogelarten und Säugetierarten Afrikas. Der Albert-Graben beherbergt auch Pflanzen, Reptilien und andere Formen der biologischen Vielfalt.

Der Murchison-Falls-Nationalpark ist einer der ältesten, größten und meistbesuchten Nationalparks Ugandas. Beim Tilenga-Ölprojekt gibt es 400 Ölquellen, und 130 davon befinden sich im Murchison-Falls-Nationalpark. Wir wissen, dass gerade in Afrika die Ausbeutung oder Förderung von Erdöl unvereinbar mit der Erhaltung der biologischen Vielfalt ist. Lärmbelästigung, Luftverschmutzung, Ölverschmutzung und andere Faktoren wirken sich negativ auf die Tiere aus. Ölbohrungen in einem Nationalpark, der einer der größten ist und daher eine große Artenvielfalt aufweist, bergen also immense Risiken.

Es wird befürchtet, dass die Ölbohrungen im Nationalpark zum Sterben bestimmter Tiere, zur Abwanderung anderer und vielleicht zum Aussterben einiger Tierarten führen könnten.

Im Murchison-Falls-Nationalpark wurde eine riesige Asphaltstraße für das Tilinga-Projekt gebaut. Diese Straße ist schlecht und Naturschützer*innen haben sich beschwert, dass sie schlecht für das Überleben bestimmter Spezies ist, vor allem für die Reptilien. Das liegt daran, dass die Erde nicht so stark erhitzt wie Asphalt. Bei einer Asphaltstraße ist es für Tiere wie Schlangen, Warane und andere schwierig, von einer Seite zur anderen zu gelangen, um nach Nahrung zu suchen.

Fast ein Drittel der EACOP befindet sich im Becken des Viktoriasees. Dieser See hat verschiedene Feuchtgebiete, die von der UNESCO als Ramsar-Gebiete ausgewiesen wurden, weil diese Feuchtgebiete entweder Brutstätten oder Lebensräume für Zugvögel sind. Diese Gebiete, die für das Überleben von Vögeln, Schlangen und anderen Arten wichtig sind, laufen also Gefahr, wegen der EACOP zerstört zu werden. Bis zu 40 Millionen Menschen sind auf den Viktoriasee angewiesen, um ihren Wasserbedarf in Ostafrika zu decken. Der Zugang der Menschen zu Wasser und Fischerei – der Viktoriasee ist die zweitgrößte Fischquelle Ugandas – ist durch die EACOP gefährdet.

Sprecherin: Die Regierung behauptet, dass Maßnahmen ergriffen werden, um die durch die Ölprojekte verursachte Umweltzerstörung zu mildern.

Ruth Nankabirwa: Ugandas Öl- und Gasprojekte entwickeln sich parallel zu einer globalen Kampagne für sauberere Energiequellen. Trotz der Bestrebungen, Erdöl im Verkehrssektor zu ersetzen, bleibt die Verwendung von Erdöl im Bauwesen, in der Fertigung, in der Petrochemie und im Haushalt von entscheidender Bedeutung. Und das soll die Welt hören.

Öl wird kritisch bleiben, es sei denn, wir entdecken Ersatzstoffe. Der technologische Fortschritt wird genutzt, um den Kohlenstoff-Fußabdruck dieser Projekte zu minimieren und sie als emissionsarm einstufen zu können. Im Inland sind Nebenprodukte der Ölindustrie wie LPG, Flüssiggas, entscheidend für die Rettung des Waldbestandes des Landes: Sie halten Millionen von Ugander*innen davon ab, mit Holzkohle zu kochen, und tragen so zu einer nachhaltigeren Umwelt bei.

Das ist der Ruf aus Afrika. Uganda, die Waldbedeckung Afrikas, wirkt als Kohlenstoffsenke und fängt Emissionen auf, egal woher sie kommen. Wir brauchen Zeit für den Wandel, während wir gleichzeitig wiederaufforsten. In dieser Hinsicht setzen sich die staatliche Ölfirma von Uganda, die UNOC, und weitere Partner von uns für Nachhaltigkeit und Umweltschutz ein, während der Wirtschafts- und Energiebedarf angegangen wird.

Die UNOC hat eine ehrgeizige Baumpflanzungskampagne gestartet, bei der insgesamt 40 Millionen Bäume landesweit gepflanzt werden sollen, in einem Zeitraum von fünf bis sieben Jahren. Das soll auf 36.950 Hektar passieren, unter anderem bei der Wiederherstellung von Naturwäldern und privaten Anpflanzungen. UNOCs Partner TotalEnergies hat ebenfalls einen umfassenden Biodiversitätsplan erstellt, um in den empfindlichen Ökosystemen Flora und Fauna zu schützen.

Repressionen gegen Kritiker*innen

Sprecherin: Seit der Entdeckung der Ölvorkommen im Hoïma-Distrikt hat der ugandische Präsident Yoweri Museveni immer wieder betont, dass die Ölvorkommen die Wirtschaft des Landes erheblich fördern werden. Dementsprechend hat seine Regierung mit großem Engagement die Erkundung und Förderung dieser Ressourcen vorangetrieben. Präsident Museveni hat sein persönliches Engagement für die Projekte deutlich gemacht und sogar über seinen Account @KagutaMuseveni erklärt, dass er entschlossen sei, gegen jegliche Person oder Gruppe vorzugehen, die sich für einen Stopp des Projekts ausspreche.

Die Kriminalisierung von Projektkritiker*innen zeigt die Entschlossenheit der Regierung, das Ölprojekt trotz des Gegenwinds durchzusetzen. Die Rechercheabteilung von Witness Radio hat mehr als 75 Fälle von Umweltaktivist*innen und Landrechtsverteidiger*innen dokumentiert, die von den ugandischen Behörden kriminalisiert wurden, weil sie gegen die Entwicklung von Ölprojekten in Uganda protestierten. Die meisten von ihnen wurden mehr als dreimal festgenommen. Gemäß den Erkenntnissen von Witness Radio werden Personen, die sich gegen das Ölprojekt aussprechen, oft verhaftet und als Staatsfeinde bezeichnet, um ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben. Sie sollen daran gehindert werden, Bedenken hinsichtlich der möglichen negativen Auswirkungen des Projekts auf die Gemeinschaft und die Umwelt zu äußern.

Obwohl Umwelt- und Landrechtsaktivist*innen sowie die Zivilgesellschaft sowohl in Uganda als auch international ihre Besorgnis über Menschenrechtsverletzungen und potenzielle Umweltgefahren im Zusammenhang mit dem Ölprojekt geäußert haben, erhielten die Projekte erhebliche finanzielle Unterstützung von verschiedenen Entwicklungsfonds. Diese Unterstützung verdeutlicht die komplexe Dynamik, bei der wirtschaftliche Interessen oft Vorrang vor den Bedenken von gesellschaftlichen Interessensgruppen haben.

Laut der Website der #StopEACOP-Kampagne ist der Bau der EACOP-Pipeline ein teures Unterfangen, das Total und CNOOC nicht allein bewältigen können. Sie bemühen sich um einen Kredit in Höhe von über drei Milliarden Dollar von einigen der größten Geschäftsbanken der Welt, um das Projekt auf den Weg zu bringen. Die abschließenden Verhandlungen über die Finanzierung und den Bau der vier Milliarden US-Dollar teuren ugandischen Raffinerie begannen im Januar 2024, nachdem Alpha MBM Investments aus den Vereinigten Arabischen Emiraten von der ugandischen Regierung als bevorzugter Bieter ausgewählt worden war, so die Website der Petroleum Authority of Uganda (PAU).

Auf der PAU-Website wird die Ministerin für Energie und Mineralienentwicklung, Ruth Nankabirwa, zitiert. Sie sagte, dass nach gründlichen Konsultationen und Bewertungen durch die Regierung, am 22. Dezember 2023 eine Absichtserklärung zwischen der ugandischen Regierung und Alpha MBM Investments LLC aus den Vereinigten Arabischen Emiraten unterzeichnet wurde, in der die Kooperations- und Verhandlungsbedingungen für das Raffinerieprojekt festgelegt sind.

Karte zeigt den Verlauf der geplanten Ölpipeline EACOP von Hoïma bis Tanga, inklusive Lage der Puumpstationen
Ugandas Öldilemma - Verlauf der geplanten Ölpipeline EACOP von Hoïma bis Tanga

Der Beitrag ist eine gemeinsame Produktion von südnordfunk und Witness Radio Uganda. Autor*innen: Julia Duffner vom Redaktionsteams des südnordfunk und Geoffrey Ssebaggala von Witness Radio Uganda.

Unsere Inhalte sind werbefrei!

Wir machen seit Jahrzehnten unabhängigen Journalismus, kollektiv und kritisch. Unsere Autor*innen schreiben ohne Honorar. Hauptamtliche Redaktion, Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit halten den Laden am Laufen.

iz3w unterstützen