Selfie am Mahnmal
Dark Tourism zu KZ-Gedenkstätten
KZ-Gedenkstätten erleben seit Jahren einen Besucher*innen-Boom. Sie verstehen sich jedoch nicht als touristische Ziele, sondern als Bildungseinrichtungen. Die immer häufigeren touristischen Besuche stellen die Erinnerungsorte vor Herausforderungen.
Eine typische Sommerszene nahe Berlin: Viele Menschen, dicht gedrängt, kurze Hosen, lachende Gesichter, bunte T-Shirts. Die Sonne scheint, Sonnenbrillen, Turnschuhe und Sandalen prägen die Szenerie. Es herrscht Knipsatmosphäre: die Selfie-Sticks für Smartphones sind gezückt, Kameras baumeln um die Hüften. Was wie ein ganz normales Gewimmel an einem touristischen Hotspot anmutet, sind Filmsequenzen aus »Austerlitz«, einem Dokumentarfilm, der 2016 die Touristenströme in die Gedenkstätte Sachsenhausen in den Blick genommen hat.
Der Film wirft grundsätzliche Fragen nach dem Verhältnis von Gedenkstätten und Tourismus auf. Macht der »Dark Tourism« – so wird oft kritisch eingewandt – aus den ehemaligen Orten der Massenverbrechen ‚ganz normale‘ Urlaubsziele? Verkommen ehemalige Konzentrationslager zur bloßen Sehenswürdigkeit, ja ist damit gar das Anliegen der bundesdeutschen Erinnerungskultur gescheitert?
Wandel der Erinnerungskultur
Tatsächlich verzeichnen fast alle Gedenkstätten national wie international seit vielen Jahren einen Besucher*innen-Boom. In der Gedenkstätte Sachsenhausen stieg deren Zahl von 293.000 (1993) in den letzten Jahren auf mehr als 700.000, die Dokumentation »Topografie des Terrors« in Berlin verzeichnet mittlerweile jährlich 1,5 Millionen, die Gedenkstätte Auschwitz mehr als 2,2 Millionen Besucher*innen. Allerdings steht das Massenphänomen des »Dark Tourism« nicht etwa quer zu den Bemühungen der Erinnerungskultur. Es ist sicher kein Zufall, dass die britischen Tourismusforscher John L