Vom Krieg gelenkt
Einblicke in das Leben von ukrainischen Soldatinnen
Mit dem Beginn des russischen Angriffs auf die gesamte Ukraine am 24. Februar 2022 eskalierte der Krieg, der schon seit 2014 in der Ostukraine tobt. Viel Beachtung finden die Frauen in der ukrainischen Armee. Der Frauenanteil ist einer der höchsten weltweit und steigt weiter an. Wie sieht das Leben der Soldatinnen in der Männerdomäne Militär und in diesem Krieg aus?
Als ich nach dem 24. Februar 2022 unter tiefem Schock in Berlin sitze und mich um das Leben meiner Familie in Kyiv sorge, ruft mich eine Freundin an. Sie fragt, ob ich sie zur polnisch-ukrainischen Grenze begleite, um dort ein Kind aus Mariupol abzuholen.
Am nächsten Tag sind wir am Checkpoint Dołhobyczów. In starkem Kontrast zur ländlichen frühlingshaften Idylle stehen entlang der Straße erschöpfte Menschen: Kinder, Frauen, Alte. Autos und Busse fahren hin und her, polnische Freiwillige verteilen Wasser und warmes Essen. Uns kommt eine junge Frau entgegen, an der Hand hält sie ein kleines Mädchen. Die Frau heißt Anna. Sie und ihr Mann, der entfernt mit meiner Freundin verwandt ist, dienen bei den ukrainischen Grenztruppen. Wir sagen Anna, dass sie nach der ukrainischen Rechtslage hierbleiben darf, weil ihr Kind jünger als 14 ist. Anna erwidert trocken, sie wird im Krieg nicht desertieren, sie möchte nur das Kind in Sicherheit lassen und zurück nach Mariupol fahren. Unvermeidlich kommt der Abschiedsmoment: Das Kind bricht in Tränen aus, die Mutter versucht nicht zu weinen, um den Abschied nicht noch unerträglicher zu machen. Allen ist klar, dass sie sich vielleicht zum letzten Mal sehen.
Anna ist die erste ukrainische Soldatin, die ich kennenlerne. Tausende Frauen dienen bereits oder melden sich freiwillig bei den ukrainischen Streitkräften (ukr: ZSU), der Territorialverteidigung (ukr: TrO) oder bei den Grenz