Wenn das Meer kommt, das Salz und der Klima­wandel

Eine Fischer­gemeinde an der Westküste Ghanas kämpft mit der Küsten­erosion und der Untätig­keit der Politik

Audiobeitrag von Martina Backes und Lars Springfeld

15.05.2023
Teil des Dossiers Klimakrise und Migration

Sturmfluten, schwindende Fischbestände, Küstenerosion, Versandung: Viele Gemeinden entlang der Westafrikanischen Küsten werden mit den Folgen des Meeresanstiegs konfrontiert. Nur selten berichten europäische Medien von den schleichenden, aber stetigen Gefahren oder den Schäden und Verlusten infolge der Küstenerosion. In der kleinen Gemeinde Anlo Beach in Ghana sprach der südnordfunk mit den Bewohner*innen und mit einem Experten des Center for Coastal Management der Universität Cape Coast über den Klimawandel.

Shownotes


Skript zum Beitrag

Erstausstrahlung südnordfunk am 2. Mai 2023

Caroline Gordor: Als kleines Kind ging ich an die Küste, um Kieselsteine zu sammeln, es brauchte einige Kilometer, bis man das Meeresufer erreichte. Aber das ist heute nicht mehr so. Selbst wer alt genug ist, um ans Meer zu gehen, dem wird gesagt, man solle zurückkommen, weil das Meer jetzt näher an uns dran ist, an unserem Körper.

Sprecherin: Caroline Gordor vertritt die jungen Frauen aus Anlo Beach, einem kleinen Küstenort im Westen von Ghana.

Sprecherin: Sie sitzt mit einer Gruppe von Dorfbewohner*innen zusammen und teilt ihre Beobachtungen über das Verhalten des Meeres.

Evelyn Dobasi Tetthe: I am a women organiser and at the same time a treasure of the community.

Sprecherin: Evelyn Dobasi Tetthe organisiert die Frauen und verwaltet das Geld der Gemeinde. Auch Ablindo Tasi Deta ist gekommen, um ihre Erfahrungen mitzuteilen. Caroline Gordor übersetzt:

Ablindo Tasi Deta: Wenn sie heute spricht, dann mit ihren 80 Jahren Erfahrung. Seit sie acht ist, hat sie hier gelebt und erinnert sich, dass die Küste weit weg von unserem Dorf war. Die Erosion beobachtet sie nun seit vielen aufeinanderfolgenden Jahren. Sie hat das gesamte Gemeindegebiet ergriffen. Wenn man die Fischerei anschaut: Es gibt nichts, was so ist, wie es früher war. Es gibt nicht mehr den Reichtum an Fisch, den es früher gab.

Boot im Vordergrund, von der Flut beschädigte Häuser im Hintergrund
Schäden an den Häusern der Fischer nach der Sturmflut in Anlo Beach an der Westküste Ghanas | Videostill Lars Springfeld

Sprecherin: Das Fischerdorf Anlo Beach liegt nicht weit entfernt vom Ort Shama, nahe der Großstadt Sekondi-Takoradi im Westen der über 560 Kilometer langen Küste Ghanas. Es ist eines der Dörfer, die 2021 von einer schweren Sturmflut heimgesucht wurden. Bereits 2017 hatte der Fluss Pra, der hier mündet, seinen Flusslauf verändert. Teile von Anlo Beach versandeten, andere wurden abgegraben,   Häuser unbewohnbar. Die gesamte Gemeinde ist betroffen. Bei einem Rundgang durchs Dorf berichtet Francis Dotse, dass nach der jüngsten Flutkatastrophe viele Bewohner*innen Angst haben, bald ebenfalls ihre Häuser zu verlieren.

»Du kannst das Meer hören, wie es auf den Boden schlägt.«

Francis Dotse: Auch ich habe Angst davor. Wie ich dir gesagt habe, gab es erst gestern ein Treffen der jungen Leute aus dem Dorf, dort drüben, wo wir uns vorhin getroffen haben. Wir haben darüber geredet. Eine Person sagte – schau dort vorne, dort kannst du sein Haus sehen – er sagte, immer, wenn er schläft, denkt er darüber nach, was passieren wird, wenn das Meer sich wieder erhebt. Wo wird er dann wohnen mit seinen Kindern? Das ist es, was er gestern gesagt hat. Wir alle machen uns diese Sorgen. Wenn du im Bett liegst, kannst du das Meer hören, wie es auf den Boden schlägt. Wir, die jungen Leute, reden immer wieder darüber, so wie gestern.

Sprecherin: Mit der Sturmflut 2021 berichtete auch die Presse über den Klimawandel in Anlo Beach. Die Ghananian Times schreibt am 11. November 2021:

Zitat Presse: Nachdem vor kurzem eine Flutwelle einige Häuser zerstört hatte und die Trümmer im Meer schwammen, sagte der Abgeordnete für das Wahlgebiet Anlo Beach, Samuel Borlu: Seine Familie wohne seit etwa 100 Jahren in der Gemeinde und habe noch nie eine solche Verwüstung erlebt.

Sprecherin: Die Abteilung für Ozeanographie und Fischerei der Universität Ghana berichtet bereits 2011: »Zwischen 1974 und 2005 haben sich die Küsten im Westen Ghanas im Durchschnitt um einen Meter pro Jahr zurückgezogen.« Und in einer Studie der humanitären Organisation USAID heißt es: »Eine Schätzung zur Küstenveränderung im letzten Jahrhundert zeigt, dass die Küste von Cape Three Points bis Anlo Beach einen Verlust von 1,6 m pro Jahr erfahren hat.«

Donatus Anuri: Bei jedem kleinen Anstieg des Meeresspiegels steigt die Wahrscheinlichkeit einer Sturmflut oder einer Aufschüttung von der Seeseite her, so dass flache Strände immer leicht überschwemmt werden.

Sprecherin: Dr. Donatus Anuri beobachtet die Veränderungen entlang der Küste seit über 10 Jahren.

Donatus Anuri: Schon leicht höhere Wellen führen zu Überschwemmungen der nahegelegenen Häuser, die Häuser werden umspült und der Sand hereintransportiert. Alle Häuser sind davon betroffen. In Bezug auf den Klimawandel wissen wir, dass der Temperaturanstieg und die globale Erwärmung den Wasserstand beeinflussen. Ich bin Senior Research Fellow an der Universität Cape Coast und leite ein Team im Rahmen des Coastal Resilience Projects am Centre for Coastal Management der Universität Cape Coast im Bereich Küstengeomorphologie und -ingenieurswesen.

Sprecherin: Donatus Anuri weiß, wovon er spricht. Er arbeitet am Centre for Coastal Management der Universität Cape Coast und leitet ein Team von Wissenschaftler*innen, die sich mit der Frage beschäftigen, wie die Widerstandsfähigkeit der Küste durch die Effekte des Klimawandels geschwächt wird bzw. gestärkt werden kann.

Donatus Anuri: Die Temperatur steigt und das Wasser wird durch die Erwärmung sehr leicht, und wenn der Wind auf dieses Wasser bläst, erzeugt er höhere Wellen, was leicht zu Überschwemmungen in den Gemeinden führen kann.

Sprecherin: Was Donatus Anuri hier beschreibt, wird auch durch neuere Studien belegt: Ihnen zufolge holt sich das Meer in Ghana inzwischen bis zu zwei Meter Land jährlich. »Zwischen 2005 und 2017 gingen 37 Prozent der Küstenfläche des Landes durch Erosion und Überschwemmungen verloren«, schreibt das Umwelt-Onlinemagazin Mongabay in einer von Publizer finanzierten Reportage. Die Sturmfluten haben seither nochmals zugenommen.

Donatus Anuri: Die Überschwemmungen sind eine der Hauptursachen für die Küstenerosion. Das verstärkt sich gegenseitig: Wenn das Land erodiert, werden die Wellen noch stärker und noch mehr Häuser sind betroffen.

Sprecherin: Die Beobachtungen der Dorfgemeinde beschreiben die lokalen Effekte eines globalen Phänomens. Die Küstenzerstörung durch den Klimawandel.

Ibraham Ki Achi: Früher musste man sehr lange über die Sandbank laufen, bevor man das Meeresufer erreichte. Aber jetzt gibt es die nicht mehr. Und auch die Fischerei hat sich verändert. Früher hatten wir tonnenweise Fisch, aber jetzt ist es sehr schwierig für uns, so zu fischen, wie es früher einmal war.

Sprecherin: Ibrahim Achi ist Landwirt, er fischt, und er ist der Vorsteher der Gemeinde.

Ablindo Tasi Deta: Auch das hat negative Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der gesamten Gemeinde.

Nelson Kporlinya: Wenn wir unsere Netze auswerfen und die Fänge gering sind, geraten wir wegen der Dezimierung der Fischbestände unter Druck.

Sprecherin: Nelson Kporlinya leitet die Jugend im Dorf und er ist Fischer.

Nelson Kporlinya: Wenn die Nachfrage nach Fisch hoch ist, steigen auch die Preise. Man muss dann viel Geld für eine Familie ausgeben. Das allein hat schon Auswirkungen auf die Gemeinde. Das andere ist: Da die Gemeinde vom Fisch als Lebensgrundlage abhängt, muss man, wenn der Fischbestand zur Neige geht, auf die Mangroven zurückgreifen. Das ist eine andere Art von Einkommen. Da wir, die Jugend, darauf zurückgreifen können, können wir damit täglich Geld verdienen. Wenn wir die Mangroven abholzen, hat das aber ebenso Auswirkungen auf den Klimawandel. Es hat auch Auswirkungen auf die Gemeinden.

Sprecherin: So treibt der Klimawandel die Gemeinde von einem Problem ins nächste. Ohne Fisch kein Einkommen. Die Bewohner*innen suchen nach Alternativen. Dabei wissen sie genau, was das Abholzen der Mangroven bewirkt.

Nelson Kporlinya: Jede Küste, die einen reichen Baumbestand hat, trägt dazu bei, dass die Niederschläge in einem guten Muster fallen. Außerdem produzieren die Bäume Sauerstoff, wir haben also frischen Sauerstoff. Ohne die Bäume gibt es vermehrt schlechtes Wetter. Das ist der Effekt.  Auch brüten die Fische in den Lagunen in den Mangroven. Je weiter wir die Mangroven abholzen, desto mehr wandern die Fische ab, auf der Suche nach anderen Brutplätzen.

Donatus Anuri: Die Gemeinde ist nicht klein, sie zählt über 4.000 Menschen, und es sollte etwas getan werden, um ihre Probleme zu lindern. Im Hinblick auf die Erhaltung der Küste schlage ich vor, dass der Gemeinde einige Mittel zur Verfügung gestellt werden, um mehr Mangroven zu pflanzen und das Gebiet zu begrünen. Wenn wir eine gesunde dichte Vegetation haben, kann das Gebiet wirklich gestärkt und das Problem, mit dem die Leute konfrontiert sind, verringert werden.

Sprecherin: Wenn die Brutgebiete der Fische durch schwindende Mangroven verloren gehen, betrifft das direkt die Ernährung – und zugleich macht es die Küste noch verwundbarer. Doch nicht nur die Ursachen der Küstenerosion sind der Gemeinde wohl bekannt. Es gibt zahlreiche Ideen und Lösungsvorschläge, die zerstörerische Kraft des Meeres aufzuhalten. Allerdings passiert in Anlo Beach bisher fast nichts.

Gemeindemitglied: Wir haben unsere Schäden präsentiert, aber sie sind nur gekommen, um sich das anzusehen, wir haben keine Unterstützung erhalten. Sie sind nur gekommen, um zu schauen. Das ist alles.

Sprecherin: Nach der Flutwelle im November 2021 besuchten Hilfsorganisationen ebenso wie Küstenexperten die Gemeinde.

Forget Apecto: Die Regierung bringt uns Hilfsgüter, aber die können nicht einmal eine Person für einen Tag versorgen. Sie bringen uns einen Sack Reis, den wir mit 20 Nachbarn teilen müssen, das war die einzige Hilfe, die die Regierung uns geben konnte.

Sprecherin: Auch Donatus Anuri kennt die schwierige Situation der Dorfbewohner*innen und ihre Klage über fehlende Unterstützung, sieht sich jedoch als Wissenschaftler nicht in der Verantwortung.

»Sie bringen uns einen Sack Reis, den wir mit 20 Nachbarn teilen müssen.«

Donatus Anuri: Schauen Sie, wir sind Forscher, wir sammeln Daten und analysieren diese für Veröffentlichungen. Wir erteilen Ratschläge, wir teilen den Bericht mit den Regierungen und anderen Behörden, die sich die Berichte ansehen und Maßnahmen ergreifen (sollen). Ich sage also: Was wir tun, ist Forschung Wir kommen nicht, um dort eine Lösung umzusetzen. Wir haben kein Geld, um eine Lösung zu implementieren.

Sprecherin: Donatus Anuri kann keine Lösungen umsetzen, doch er hat klare Vorstellung, was zu tun ist:

Donatus Anuri: Wir wissen, dass die meisten Dorfgemeinden ihre Häuser nicht an den richtigen Stellen bauen – oder gebaut haben. Was den nationalen Aspekt Ghanas betrifft, so schlage ich vor, dass zunächst diejenigen, die sich außerhalb der erforderlichen Pufferzone befinden, umgesiedelt werden sollten.

Sprecherin: In Anlo Beach gibt es bereits einen Plan zur Umsiedlung der Bewohner*innen. Erste Maßnahmen wurden bereits ergriffen. Aber solange es hier nicht vorangeht, suchen die Menschen nach anderen Alternativen. Noble King Agbatery ist Lehrer im Ruhestand und Versammlungsmitglied:

Noble King Agbatery: Wir haben die Häuser gezählt, wir haben die Namen der Leute aller Häuser an die Versammlung geschickt. Sie kamen nach Weihnachten, das Land wurde für die Umsiedlung zugewiesen, und es war die Regierung, die die Umsiedlung ermöglichen sollte. Und das ist das Ende. Wir haben ihnen die Anzahl der Häuser mitgeteilt, damit sie das Land aufteilen und dann die Anzahl der Häuser dem Land zuweisen können. Das ist alles.

Nelson Kporlinya: Es sollte Alternativen geben. Zum Beispiel wir, die Fischer: Wir sollten etwas Anderes haben  als diese Art von Fischfang. Und auch die Frauen und Leute, die andere Geschäfte machen, die davon leben, sollten darüber aufgeklärt werden, wovon sie außer vom Fischfang ein Einkommen erwirtschaften können.

Sprecherin: Laut Weltbank werden 42 Prozent des Bruttoinlandprodukts der Westafrikanischen Küstenländer direkt in der Küstenregion erwirtschaftet. »Ein langfristiges Programm mit dem Kürzel WACA – das West Africa Coastal Areas Management Program – wird in den kommenden Jahren mit 246 Millionen Dollar Entwicklungsprojekte unterstützen, um den Folgen des Klimawandels in den westafrikanischen Küstenländern entgegenzuwirken«, verkündete die Weltbank auf der letzten Klimakonferenz in Sham el Sheik im Dezember 2022. In der zweiten Phase des Programms wird nun auch Ghana einbezogen. Offen ist allerdings bisher, welche Art der Anpassung finanziert wird:

Donatus Anuri: Man kann ein paar Dinge tun, zum Beispiel einen Wellenbrecher zum Hochwasserschutz errichten, um das Eindringen des Meeres zu verhindern. Es gibt jetzt einen Wellenbrecher in Shama, aber gerade der scheint sich negativ auf die Gemeinde Anlo Beach auszuwirken. Wir wissen, dass ein solches Bauwerk, das nicht allzu weit vom Strand entfernt ist, erstens die Sedimente reduziert und zweitens die Wellenmuster an den angrenzenden Orten verändert. Dies könnte einer der Faktoren sein, die die Probleme an der Küste (von Anlo Beach) noch verschärfen. Daher wird es für die Region und die Regierung bzw. das Land schwierig sein, eine einheitliche Lösung für ein Gebiet zu finden und damit das gesamte Küstenproblem zu lösen. Denn ein Wellenbrecher hat andernorts auch verstärkende Effekte und verursacht so neue Probleme.

Sprecherin: In Anbetracht dieser Beobachtung sind die Hoffnungen der Bewohner*innen von Anlo Beach auf einen der Küste vorgelagerten Wellenbrecher mit Vorsicht und Expertise zu betrachten. Es braucht eine kleinteilige angepasste Lösung für die gesamte Küste.

»Die meisten Regierungen entscheiden sich aus politischen Gründen für große Bauwerke.«

Donatus Anuri: Wir müssen sicherstellen, dass wir uns für grüne oder naturbasierte Lösungen einsetzen. Die meisten Regierungen entscheiden sich jedoch aus politischen Gründen für graue Lösungen oder dafür, im Sinne eines Hard-Engineering große Bauwerke zu errichten, weil sie gut sichtbar sind. Aber wir stellen fest, dass diese technischen Bauten sehr teuer sind und damit das Problem nicht aufhören wird. Also sollten wir versuchen, für naturbasierte Lösungen einzutreten und auf Verhaltensänderungen hinzuwirken.

Sprecherin: Das WACA Programm der Weltbank hat fünf Millionen Dollar der versprochenen 246 Millionen für die Regeneration von Mangroven bereitgestellt. Mit dem Mangrove Blue Carbon Pilot Program sollen in 20 Jahren 3.000 Hektar Mangrovenwald aufgeforstet bzw. geschützt werden. Doch die Zeit rennt, die Menschen in Anlo Beach brauchen jetzt Alternativen.

Nelson Kporlinya: Die jungen Leute aus dem Dorf migrieren, um nach Arbeit zu suchen, die nicht leicht zu finden ist.  Und das hat Auswirkungen auf die Gemeinde. Die jungen Leute könnten hier arbeiten, aber es gibt keine bezahlte Arbeit im Dorf. Doch sie müssen auch ihre Familien ernähren, also müssen sie sich auf die Suche nach bezahlter Lohnarbeit machen. Im Goldabbau zum Beispiel. Einige schließen sich dem industriellen Goldbergbau an, andere betreiben informellen Abbau von Gold.

Noble King Agbatery: Wenn Sie nicht kommen und etwas tun, zum Beispiel, die See ausbaggern, damit die Küste mehr Wasser aufnehmen kann, dann wird der Tag kommen: Eines Tages wird es so sein, dann wird das Meer über uns hinweggehen, hier, wo wir jetzt sitzen.

Wie der Klimawandel in Ghanas Küstendörfern die Migration antreibt

Sprecherin: Für viele in Ghana nährt der Abbau von Gold die Hoffnung auf ein kleines Einkommen. Als zweitgrößter Goldexporteur des Kontinents zieht der Goldbergbau tausende von jungen Arbeitskräften an, nicht nur aus Ghana, sondern aus der gesamten westafrikanischen Küstenregion. Erst werden Bäume gefällt, bevor die Erde aufgegraben wird. In anbetracht der aktuellen ökonomischen Krise im Land mit einer Inflationsrate von rund 50 Prozent bleibt der Goldabbau für viele eine letzte Option, um ihre Familien zu ernähren. So drängt der Klimawandel Menschen in eine Form der Arbeit, die nicht nur gefährlich ist und die Körper auszehrt, sondern auch schädlich für das Klima ist.

Allein für die Umsetzung ihrer im Pariser Klimaabkommen festgelegten Beiträge zur Bekämpfung des Klimawandels benötigt Ghana bis 2030 etwa 9,3 Milliarden Dollar. Trotz dieser schlechten Nachrichten und schleppenden Anpassungshilfen gibt es auch Leute vor Ort, die aktiv sind. Junge Klimaaktivist*innen in Ghana organisieren sich und packen an: So werden von der Green Africa Youth Organisation – kurz GAYO - Aufforstungsprojekte durchgeführt. Jüngst pflanzte die Organisation 5.000 Mangrovensetzlinge.

Bleibt zu hoffen, dass die Setzlinge es schaffen und gegen das Salz und die Sturmfluten anwachsen, bis sie einen neuen Schutzwall bilden. Übrigens: wer sucht, wird fündig. Es gibt eine ganze Liste von sinnvollen kleineren Anpassungsstrategien an den Klimawandel, die nicht bau- oder kostenintensiv sind. Die könnten mit kleinen Anschubfinanzierungen – etwa für Setzlinge oder Saatgut möglich gemacht werden. Stattdessen verhandeln die Verursacherstaaten des Klimawandels seit Jahren über einen Fonds, der Schäden und Verluste ausgleichen soll, die bereits jetzt nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

Dabei kann schwerlich davon ausgegangen werden, dass staatliche Gelder alleine die Probleme der Menschen lösen können. Im Gegenteil bringen kapital- und bauintensive Großprojekte ihre eigenen Probleme mit sich, anstatt Betroffene dazu zu befähigen, selbst verhältnismäßig einfache und kleinteilige Lösungen unmittelbar vor Ort umzusetzen.

Im April hatte Lars Springfeld von Afrique Europe Interact die Gelegenheit, mit einem wissenschaftlichen Mitarbeiter am Center for Coastal Management der Universität Cape Coast die Gemeinde Anlo Beach zu besuchen, die besonders vom Phänomen der Küstenerosion betroffen ist. Die Sendung wurde im Rahmen des Projekts »Change Your Mind – Turn the Tide« des Mindchanger Programms realisiert.

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