Der postkoloniale Obrigkeitsstaat
Das neue Strafgesetzbuch Indonesiens enthält Schikanen
Als der indonesische Präsident Joko Widodo 2014 sein Amt antrat, hofften viele auf eine Fortsetzung demokratischer Reformen. Doch nun streitet das Land über eine autoritäre Strafrechtsreform. Sie ist ein Resultat des Machtkampfs zwischen islamischen und nationalistischen Kräften, die den Präsidenten mit autoritärer Machtpolitik vor sich hertreiben. Das gilt auch bei der neuen Gesetzgebung.
Anfang Dezember 2022 verabschiedete das indonesische Parlament ein neues Strafgesetzbuch. Das war überfällig, denn das bisherige stammte aus der niederländischen Kolonialzeit. Dennoch ist das postkoloniale Strafgesetzbuch hochumstritten. Westliche Medien kritisieren vor allem die heteronormativen und frauenfeindlichen Paragrafen, die außerehelichen und vorehelichen Sex oder Empfängnisverhütung sowie Abtreibung unter Gefängnisstrafe stellen. Auch darüber hinaus beinhaltet das neue Strafgesetzbuch eine Reihe regressiver Passagen und autoritärer Elemente, die gegen regierungskritische Meinungen ausgenutzt werden können. Angesichts der bevorstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Februar 2024, bei denen der jetzige Präsident Joko Widodo nicht erneut antreten darf, stellt das ein Problem für den fairen politischen Wettbewerb und die freie Meinungsäußerung dar.
So können mit dem Paragrafen 192 friedliche Demonstrant*innen festgenommen und des Landesverrates (makar) bezichtigt werden. Darauf steht in bestimmten Fällen lebenslange Haft- und sogar die Todesstrafe. Die neue Regelung könnte zuerst auf Mitglieder von separatistischen Organisationen, wie die in Westpapua, angewendet werden. Gemäß den Paragrafen 262 und 263 werden diejenigen mit bis zu sechs Jahren Gefängnis bestraft, die Falschinformationen verbreiten und damit Unruhe stiften. Selbst denen, die, wie es heißt, unvollst�