Kein Durchbruch

Gipfel der Klima­finanz­ierung

Audiobeitrag von Antonia Vangelista

29.06.2023

Gipfel für einen neuen globalen Finanzpakt - unter diesem Titel kamen in Paris etwa 40 Vertreter*innen von Ländern und Finanzinstitutionen zusammen. Das Ziel der Veranstaltung: Gerade auch ökonomisch schwächere Länder sollen Klimamaßnahmen bezahlen und die Folgen der Klimakatastrophen besser auffangen können. Zwei Tage lang, am 22. und 23. Juni 2023, haben sie diskutiert. Zur Debatte standen Schuldenerlass, das Ende der Subventionen fossiler Brennstoffe und Ideen für einen gerechten Finanzausgleich bei Klimakatastrophen.


Shownotes zu Klimaflucht

Skript zum Audiobeitrag

Erstausstrahlung am 4. Juli 2023 im südnordfunk #110

Sprecherin: Die Premierministerin von Barbados, Mia Mottley, hat gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu dem Gipfel eingeladen. Sie hat dem Gipfel einen eigenen Namen gegeben, wie sie in ihrer Eröffnungsrede verriet:

Mia Mottley: Insgeheim nenne ich es den Wie-können-Sie-es-wagen-Gipfel. Wie können Sie es wagen, die internationale Ordnung durcheinander zu bringen? Wie können Sie es wagen, uns alle an diesem Wendepunkt zu versammeln, der entscheiden wird, ob wir die Kapazität und den Willen haben, dieses Problem umfassend und friedlich zu lösen. Was von uns verlangt wird ist eine absolute Transformation, und nicht eine Reform unserer Institutionen.

Sprecherin: Diese Transformation des Finanzsystems braucht es, damit alle Länder, insbesondere die des Globalen Südens, genug Geld haben, um das Klima zu schützen und der Klimakrise entgegenzuwirken. Mit diesem Ziel sind am vergangenen Wochenende rund vierzig Staats- und Regierungschefs, Organisationen und Entwicklungsbanken in Paris zusammengekommen. Das bisherige Problem: Viele Länder des Globalen Südens sind hoch verschuldet, und haben deswegen wenig Spielraum, um in Klimaschutz zu investieren. Außerdem ist es für sie teurer, an den internationalen Finanzmärkten Geld zu leihen, als etwa für die Länder der Europäischen Union. Für einen Kredit müssen sie im Durchschnitt 14 Prozent Zinsen blechen, während es für einkommensstarke Länder nur ein bis vier Prozent sind. Gleichzeitig sind diese Länder häufig besonders stark von der Klimakrise betroffen, während vor allem reichere Länder des Nordens sie verursacht haben.

Was wurde diskutiert?

Sprecherin: Vorlage für die Diskussion war die Bridgetown Initiative. Diese Initiative wurde von Barbados‘ Premierministerin Mottley und anderen auf der Klimakonferenz im vergangenen Jahr angestoßen. Barbados macht sich dafür stark, für Anleihen und Kredite im Falle einer Klimakatastrophe den Schuldendienst für einen bestimmten Zeitraum auszusetzten, damit das betroffene Land dieses freiwerdende Geld sofort in humanitäre Hilfe oder Wiederaufbau investieren kann. Diese Katastrophenklausel ist nur ein Teil der Bridgetown Initiative.

Eine weitere Forderung sind neue Geldtöpfe mit mehreren Milliarden Euro, mit dem ärmere Länder Klimaschutz bezahlen und Klimaschäden ausgleichen können. Diese neuen Geldtöpfe wurden auch auf dem Klimafinanz-Gipfel diskutiert. Einen Weg, mehr Geld fürs Klima zu haben, sind globale Steuern. Gerade für Tätigkeiten, die viele Emissionen verursachen. Deswegen haben sich einige Länder auf dem Gipfel dafür ausgesprochen, zum Beispiel internationale Schifffahrt global zu besteuern.  

Außerdem Thema sind die globalen Finanzinstitutionen Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF). Die bestehen bereits seit den 1940er Jahren, also seit einer Zeit, in der viele Länder des Globalen Südens noch nicht unabhängig waren. Höchste Zeit, sie zu reformieren. Dazu sagte Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa:

Cyril Ramaphosa: Wir sollten uns einig sein, die globale Finanzarchitektur zu reformieren. Denn ohne diese Reform werden die Träume und Ziele, die wir haben, um unsere Hindernisse zu überwinden, nicht realisiert werden. Ich finde es ein bisschen schwierig, gesagt zu bekommen, so sind die Regeln und deswegen bleibt es für immer so. Entweder bekommst Du nichts oder 34 Milliarden. Unserer Meinung nach ist das kein Nullsummenspiel. Es ist ein Spiel, wo wir alle gerecht und auf die gleiche Art und Weise behandelt werden sollten.

Sprecherin: Ungerecht ist zum Beispiel, dass die Mitgliedstaaten des Internationalen Währungsfonds so genannte Sonderziehungsrechte – eine Form von Krediten in Zeiten von Devisenmangel - immer nur im Verhältnis zu ihrer jeweiligen Wirtschaftsleistung erhalten. So bekam Deutschland im Zuge der Corona Krise 30 Milliarden Dollar – und alle afrikanischen Staaten südlich der Sahara zusammen 28 Milliarden, um die Coronakrise besser zu bewältigen.

Was sind die Ergebnisse des Gipfels zur Klimafinanzierung?

Sprecherin: Kurz gesagt: viele warme Worte, keine neuen Verpflichtungen. Stattdessen wurden einige bereits früher diskutierte Vorhaben bestätigt. Laut Macron haben die Länder des Globalen Nordens mittlerweile die 100 Milliarden Euro an Klimafinanzierung bereitgestellt, die sie den Ländern des Globalen Südens eigentlich schon seit 2020 jährlich versprochen hatten.

Außerdem haben einige Länder wie Frankreich, Japan und die USA angekündigt, dass sie einen Teil ihrer Reserven beim Internationalen Währungsfonds an ärmere Länder abgeben werden. Dadurch könnten Länder des Globalen Südens in Zukunft günstiger Geld für Klimamaßnahmen leihen. Es ist aber noch nicht sicher, ob und wann die Länder tatsächlich ihre Reserven umverteilen. Und Länder des Globalen Südens bleiben so weiter abhängig vom »guten Willen« der reichen Länder, statt selbst besseren Zugang zu Krediten zu bekommen.

Pause der Zahlungen, wenn es eine Natur­katastro­phe gibt!

Die Weltbank hat auf dem Gipfel angekündigt, dass Länder die Rückzahlung ihrer Schulden pausieren können, wenn bei ihnen etwa eine Dürre, ein Tropensturm oder eine Plage ausbricht. Also: Pause der Zahlungen, wenn es eine Naturkatastrophe gibt. So wie es etwa der Inselstaat Barbados bereits macht. Die Klausel gilt allerdings nur für neue Schulden und nicht für bereits existierende.

Was hat gefehlt?

Sprecherin: Vierzig Staats- und Regierungschefs waren in Paris. Das heißt:  einige haben gefehlt. Mehrere G7-Staaten haben niemanden zum Gipfel geschickt. Von den Pazifikländern war kein einziges vertreten. Wirklich inklusiv war der Gipfel also nicht.

Gefehlt hat zudem eine Diskussion darüber, wie die Finanzinstitutionen tatsächlich reformiert werden könnten. Ohne gleichberechtigte Mitsprache bleibt klimagerechte Finanzierung eher ein unwahrscheinlicher Wunschtraum.

Auf dem Gipfel haben sich einige Vertreter des Globalen Nordens wie etwa Bundeskanzler Olaf Scholz eher bedeckt gehalten. Carola Mejìa Silva vom lateinamerikanischen Bündnis für wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit sagt, dass die Länder des Nordens ihre finanzielle Verantwortung lieber auf andere abwälzen wollten:

Carola Mejìa Silva: Ein Aspekt ist die größere Beteiligung des Privatsektors als magische Lösung für Finanzierungslücken. Ich bin nicht einverstanden mit diesem Versuch des Globalen Nordens, den Klimanotstand und den Bedarf an Milliarden zu nutzen, um andere an den Tisch zu bringen, und ihre eigene Verantwortung für diese Krise nicht anzuerkennen.

Sprecherin: Das Thema Schuldenschnitte wurde auf dem Gipfel auch eher ausgeschwiegen. Es wurde darüber geredet, dass Zahlungen pausiert und umverteilt werden können. Aber dass Schulden tatsächlich erlassen werden, schien keine Option. Dabei könnten solche Schuldenschnitte gerade hoch verschuldeten Ländern den Spielraum verschaffen, Geld für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung in die Hand zu nehmen. Dafür setzt sich ein globales Bündnis ein: Debt for Climate. Denn Schulden tilgen, während ein Unwetter Städte und Ernten verwüstet, das ist für viele Länder der Einstieg in die Schuldenfalle. Arbeiter*innen-, soziale und Klimabewegungen aus dem Globalen Süden und Norden vereinen sich deswegen in dieser Initiative hinter einem gemeinsamen Ziel: die ‚Diplomatie der Schuldenfalle‘ überwinden.

Heißes Thema: Ein Planet - eine Chance. Doch auf dem Klimafinanzgipfel gab es keinen Durchbruch. | Foto: bildertexten

Die Ergebnisse des Klimafinanzgipfels stellte Antonia Vangelista zusammen.

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