»Mit der Idee brechen, dass es Menschen zweiter Klasse gibt«
Carlos Herz über die politische Krise in Peru
Putsch und Gegenputsch
In einer Fernsehansprache verkündete Perus Präsident Pedro Castillo am 7. Dezember 2022 die Auflösung des Kongresses. Das war ein Paukenschlag im Rahmen der ohnehin harten Auseinandersetzungen zwischen der rechtskonservativen Mehrheit im Kongress und dem linksgerichteten Präsidenten. Castillo hatte sich bei den Wahlen 2021 vor allem mit Wählerstimmen aus der ländlichen Andenregion im Süden Perus gegen die Rechtspopulistin Keiko Fujimori durchgesetzt. Mit dem Autogolpe (Selbstputsch) wollte Castillo einem drohenden Amtsenthebungsverfahren zuvorkommen und per Präsidialdekret regieren. Für den Coup gab es jedoch keinen Rückhalt in Politik und Militär, Castillo wurde verhaftet. Noch am selben Tag ernannte der Kongress die Vizepräsidentin Dina Boluarte zum Staatsoberhaupt. Die Mitte-links-Politikerin erklärte zunächst, bis zum Ende der Legislaturperiode 2026 im Amt bleiben zu wollen. Die politische Linke wirft ihr wegen dieser Abkehr vom gewählten Castillo Verrat vor.
Mittlerweile wurden die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen auf 2024 vorverlegt. Ausgehend vom Süden erfasste eine breite Protestwelle das Land und erreichte die Hauptstadt Lima. Neben Demonstrationen kam es zu Straßenblockaden und zu Ausschreitungen. Die Demonstrierenden fordern den Rücktritt Boluartes, die Auflösung des Kongresses und Neuwahlen. Zahlreiche Videos belegen die widerrechtliche Gewaltanwendung der peruanischen Polizei und der Armee: Im Süden des Landes schossen Sicherheitskräfte mit scharfer Munition auf Demonstrant*innen. Die Regierung lässt Anführer*innen sozialer Bewegungen verhaften und Büros linker Parteien und Gewerkschaften durchsuchen. Angesichts der tragischen Zahl von fast 60 Toten und mehr als tausend Verletzten weist Präsidentin Boluarte jede Verantwortung von sich und fragt: »Wogegen protestieren die überhaupt? Was fordern sie?« Anfang Februar lehnte eine