Militärs in Guinea während dem Putsch in 2021 vor einer Ansammlung von Zivilist*innen
Anhänger*innen der Militärjunta am Tag nach dem Putsch 2021 in Guinea | Foto: Aboubacarkhoraa CC-BY-SA-4.0

Turbu­lenzen im Sahel

Wie der Putsch im Niger den Westen aufgerüttelt hat

Siebenmal haben Militärs seit 2020 im Sahel geputscht: in Guinea, Mali, Burkina Faso, Niger und Tschad. Doch erst nach dem jüngsten Umsturz in Niger begann die westliche Öffentlichkeit, die unterschiedlichen Vorgänge auch als Ausdruck einer dekolonialen und nicht nur gegen Frankreich gerichteten Selbstermächtigung wahrzunehmen.

von Olaf Bernau

26.10.2023
Veröffentlicht im iz3w-Heft 399

Jahrzehntelang galt der Sahel als eines der Armenhäuser der Welt. Insbesondere Mali, Burkina Faso und Niger sahen sich anlässlich der schweren Dürrekrise 1968 bis 1974 zu einer Art Experimentierfeld westlicher Hilfswerke und NGOs degradiert. Diese übernahmen zwar diverse staatliche Aufgaben, aber sie waren nicht bereit, eine öffentliche Kontrolle seitens ihrer Gastländer hinzunehmen. Passend hierzu spielten im Mainstream des entwicklungspolitischen Diskurses die strukturellen Ursachen der vielfältigen Krisen nur eine untergeordnete Rolle. Vorherrschend war stattdessen das Credo der Hilfe.

2012 erhielt dieses Sahel-Bild erste Risse. Im Norden Malis starteten separatistische Tuareg-Rebellen zusammen mit dschihadistischen Gruppen einen Aufstand, in der Hauptstadt Bamako putschten Militärs, das Land drohte wie ein Kartenhaus zusammenzufallen. Doch abermals trat der Westen als scheinbar selbstloser Retter in Erscheinung – so jedenfalls seine eigene Erzählung: Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich intervenierte und vertrieb Anfang 2013 jene dschihadistischen Organisationen, die bereits in den ersten Wochen des Aufstands ihre Tuareg-Verbündeten verdrängt und ein brutales Terrorregime errichtet hatten. Zudem sorgte Paris dafür, dass der UN-Sicherheitsrat die Friedensmission MINUSMA einsetzte, ergänzend zur französischen Anti-Terror-Operation »Serval«, die 2014 in »Barkhane« unbenannt wurde. Der Frieden hielt freilich nicht lange. Die Dschihadisten reorganis

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