
Who cares?
Rezensiert von Laura Bulczak
08.12.2022
Veröffentlicht im iz3w-Heft 390
Weltweit arbeiten unzählige Frauen aus ärmeren Ländern dauerhaft oder für längere Zeit im wirtschaftsstarken Ausland. Zahlreiche soziale und individuelle Probleme gehen mit dieser Form der Arbeitsmigration einher. Care-Arbeit und Familie transnational untersucht am Beispiel von Arbeitsmigrantinnen aus der Ukraine, wie sie das grenzüberschreitende Familienleben organisieren, welche Rahmenbedingungen dafür herrschen und welche Lebenskonzepte unter transnationalen Gegebenheiten entwickelt werden.
Innerhalb dieser Arbeitsmigration liegt Eugenie Wirz‘ Schwerpunkt auf einem allzu oft übersehenen Thema. Care-Arbeit wurde lange als selbstverständlich und unbezahlt angesehen. Im klassischen männlichen Alleinverdiener-Modell galt die Frau als kostenlose Haushaltskraft, deren Arbeit nicht genug gewürdigt wurde. Vor allem mit Migrant*innen aus dem Ausland, die bezahlte Care-Arbeit tätigen, sind viele Stereotype verbunden. Die Probleme der Arbeiterinnen werden nicht gesehen, weil das Thema kaum gesellschaftliche Beachtung findet. Wirz analysiert dabei die Gründe für die Arbeitsmigration und widerlegt Vorurteile.
In einem der ausgewählten Fälle ist etwa der Ehemann verstorben und das eigene Gehalt reicht nicht aus, um die Kinder finanziell unterstützen zu können. Die Motivation der portraitierten Frauen ist es, durch die Arbeitsmigration ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Zugleich wird klar, dass die Arbeiterinnen nicht dauerhaft emigrieren wollen, sondern die Situation nur als temporär ansehen. Weiterhin versuchen sie trotz der räumlichen Distanz, so gut wie möglich ihrer Mutterrolle nachzugehen. Dies definiert Wirz als »transnationale Mutterschaft«. Die Arbeiterinnen sind entweder Teil eines weiblichen Care-Netzwerkes oder leiten dieses sogar. In der Ukraine werden emigrierenden Mütter oft dafür kritisiert, ihre Kinder zurückzulassen. Gerade angesichts dieser moralisierenden ‚Sozialwaisen‘-Debatte sind Wirz‘ Ausführungen wertvoll. Sie verweist auf die prekären Lebensverhältnisse, die hinter Migrationsentscheidungen stehen.
Ihre Darlegung zeichnet sich dadurch aus, dass den Betroffenen mit qualitativen Interviews eine eigene Stimme gegeben wird. Zusammenfassend bietet die Arbeit von Wirz einen reflektierten Einblick in Aspekte der Care-Arbeit.