EACOP Schlagzeilen & Hintergründe | Teil 1

Aktuelle Infos

Audiobeitrag von Martina Backes

07.03.2024

Aktionen gegen den Bau der EACOP +++ Rückzug der österreichischen isoplus Fernwärmetechnik aus dem Joint Venture +++ Finanzinstitute scheuen Risiken +++ Berufungskammer des Ostafrikanischen Gerichtshofes entscheidet über Zulassung der Klage von vier ostafrikanischen zivilgesellschaftliche Organisationen gegen den Bau der EACOP +++ Pipeline Management spendet Zement an Betroffene von Starkregen +++ Aktueller Stand des Pipelinebaus


Skript zum Audiobeitrag

Erstausstrahlung am 5. März 2024 im südnordfunk #118

Rückzug aus dem Joint Venture

Das österreichische Unternehmen isoplus hat Ende Januar 2024 seinen Rückzug aus dem Vertrag zum Bau der längsten beheizten Ölpipeline der Welt bekannt gegeben. Die isoplus Fernwärmetechnik war mit fünf weiteren Unternehmen in dem Joint Venture, um die Pipeline zu isolieren.

Klimaaktivist*innen in Österreich werten den Ausstieg als großen Erfolg in ihrem Kampf für Klimagerechtigkeit und gegen die weitere Erschließung fossiler Energie. Weltweit engagieren sich zivile Akteure gegen den Bau der East African Crude Oil Pipeline EACOP, einer beheizten Ölpipeline, die Rohöl aus dem Nordwesten Ugandas über mehr als 1400 Kilometer bis an den Indischen Ozean in den tansanischen Hafen Tanga transportieren soll, von dort soll das Öl verschifft werden. Die Pipeline zieht eine 30 Meter breite Schneise durch artenreiche Ökosysteme und von Bauern und Viehhirten genutztes Land. Mit dem Bau werden Menschen aus rund 400 Dörfern vertrieben. Die Pipeline stellt zahlreichen ostafrikanischen Menschenrechts- und Umweltorganisationen zufolge eine Gefahr für Umwelt und für die soziale Sicherheit dar.

Am Protest gegen isoplus waren auch Fridays for Future in Deutschland beteiligt, die vor der Niederlassung des isoplus-Headquarters in Rosenheim im Sommer 2023 protestierten.

Öffentlicher Druck auf Finanzgeber*innen

Die Aktionsformen gegen den Bau der EACOP sind vielfältig und international vernetzt: Neben öffentlichem Druck auf Zulieferer, Bauunternehmen, Versicherer und andere Dienstleister geht es auch um politischen Druck.

Ein wichtiger Hebel sind juristische Klagen gegen Verstöße beim Management von ökologischen und sozialen Risiken und deren Folgen, sowie gegen dokumentierte Menschenrechtsverletzungen, etwa Landvertreibungen. Besonders wirksam im Kampf gegen das fossile Großprojekt ist die Strategie des Divestment: So soll öffentlicher Druck auf die Finanzgeber den Geldfluss für das nach wie vor finanziell nicht abgesicherte Projekt unterbinden.

Vor zwei Jahren ging ein Brief an die Vorstandsmitglieder der Sumitomo Mitsui Banking Corporation (SMBC). Darin machten die Unterzeichner*innen den Vorstand von SMBC darauf aufmerksam, dass er für das Risikomanagement des Baus der Pipeline mitverantwortlich sei. Mit Erfolg: Am 16. Mai 2023 bestätigt die Bank ihren Rückzug aus dem Projekt – und das nach jahrelanger Beteiligung.

Seit 2017 gehörte die Sumitomo Mitsui Banking Corporation (SMBC), zu den drei Finanzberater*innen für das EACOP-Projekt. Und, die Bank war leitende Konsortialpartnerin für einen Kredit in Höhe von zwei bis drei Milliarden US-Dollar. Das Bündnis #STOPEACOP interpretierte den Rückzieher der japanischen Bank als Erfolg für seine international vernetzte Kampagne, die den Bau der klimaschädlichen Pipeline verhindern möchte. Die Kampagne #STOPEACOP spricht von einer scharfen Warnung: »Das EACOP-Projekt ist zu riskant und die Finanzinstitute sollten sich von diesem umstrittenen Projekt distanzieren.«

Divestment als Aktionsform

Der Rückzieher der japanischen Bank war einer der großen Erfolge der Kampagne vor knapp einem Jahr in ihrem Bemühen, dem fossilen Großprojekt durch Divestment entgegenzutreten. Mittlerweile haben 25 Banken und 23 Versicherer erkannt, dass das Projekt zu riskant ist und wandten sich ab – unter anderen auch Standard Chartered, ein Finanzunternehmen aus Großbritannien mit Operationen in vielen Ländern, insbesondere in Asien und Afrika, und bislang dahin einer der wichtigsten Finanzberater der EACOP.  

Erst im Dezember 2023 beschloss der Dänische Pensionsfonds PKA seine Investitionen aus dem Mineralölunternehmen TotalEnergies zurückzuziehen. Für den Pensionsfonds waren die seit mehreren Jahren geführten Gespräche mit TotalEnergies über das EACOP-Projekt erfolglos geblieben. Ein schwerer Schlag für das französische Unternehmen TotalEnergies, das neben einem chinesischen Unternehmen Hauptanteilseigner des fossilen Megaprojektes ist.

Klimakrise in der Pileline: EACOP Schlagzeilen & Hintergründe | Teil 1 | März 2024

Klagen gegen die EACOP

Eine weitere Strategie, um gegen den Bau der Pipeline vorzugehen, ist der rechtliche Weg. Ein Meilenstein wurde am 22. Februar bekannt – es geht um die Zulässigkeit einer Klage gegen das EACOP-Projekt:

Die Berufungskammer des Ostafrikanischen Gerichtshofes * hat Ende Februar ostafrikanische zivilgesellschaftliche Organisationen angewiesen, bis zum 22. März schriftliche Argumente in der Berufung gegen die Abweisung ihrer Klage zum EACOP-Projekt vorzulegen. Was war passiert?

Das Witness Radio Uganda berichtet: Vier ostafrikanischen zivilgesellschaftliche Organisationen hatten 2020 gegen den Bau der East African Crude Oil Pipeline bei dem Ostafrikanische Gerichtshof Berufung eingelegt, ihre Klage wurde Ende November 2023 zunächst abgewiesen. Der Richter der erstinstanzlichen Abteilung begründete seine Ablehnung damals damit, dass das Gericht nicht zuständig und die Klage verspätet eingereicht worden sei. *

Doch die Berufungskammer erklärte sich nun, am 21. Februar 2024, bereit zu prüfen, ob die untere Kammer des Gerichts für die Anfechtung des Baus der East African Crude Oil Pipeline von Hoima in Uganda zum tansanischen Hafen Tanga zuständig ist. Die vier klagenden Organisationen sind: Das Africa Institute for Energy Governance (AFIEGO) aus Uganda, das Center for Food and Adequate Living Rights (CEFROHT), ebenfalls aus Uganda, Natural Justice (NJ) aus Kenia und das Centre for Strategic Litigation (CSL) aus Tansania. Sie argumentierten, dass der Bau der Pipeline gegen wichtige ostafrikanische und internationale Verträge und Gesetze verstößt, darunter gegen den Vertrag der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC), gegen das Protokoll zur nachhaltigen Entwicklung des Viktoriaseebeckens, gegen das Übereinkommen über die biologische Vielfalt und gegen das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen.

Das Gericht forderte nun zudem die Beklagten auf, ihre Gegenargumente bis zum 22. April 2024 einzureichen. Die Beklagten sind: die Regierungen Ugandas und Tansanias sowie Peter Mathuki, der Generalsekretär der Ostafrikanischen Gemeinschaft. Die gerichtlichen Auseinandersetzungen über den Bau der Pipeline treten also in den kommenden Wochen in eine heiße zweite Phase.

Spenden der EACOP

Während international Klimaaktivist*innen juristisch und mit Kampagnen Druck auf die Akteure ausüben, die das fossile Großprojekt umsetzten, ist die Kommunikationsstrategie der EACOP-Niederlassung in Tansania bemüht, die Bevölkerung für ihr Vorhaben zu gewinnen. Eine Gelegenheit bot sich dazu im Dezember 2023 in der Folge einer lokalen klimabedingten Katastrophe.

Als in der Region Manyara an den Steilhängen von Hanang ein Bergrutsch nach schweren Regenfällen 89 Menschen unter sich begrub, landwirtschaftliche Flächen zerstörte und Häuser unbewohnbar machte, spendete das EACOP Management Nahrungsmittel für die Betroffenen – und im Januar 1000 Sack Zement für den Wiederaufbau.

Die Kommunikationsleiterin der EACOP-Niederlassung in Tansania, Catherine Mbatia, sagte laut der tansanischen Zeitung The Guardien: "Die Grundwerte der EACOP gehen über unser operatives Engagement hinaus und reichen bis in die Strukturen der Gemeinden, denen wir dienen.“ Offensichtlich war die Katastrophe eine Gelegenheit für das Unternehmen, mit einer Geste sozialer Verantwortung in die Öffentlichkeit zu treten. Übrigens: Ein Sack Zement kostet in Tansania aktuell (Feb 2024) zwischen fünf und sieben Euro – die Spende entspricht damit einen Wert von 5.000 und 7.000 Tausend Euro.

Stand des Pipeline-Baus und Tiefseehafen

Und was ist der aktuelle Stand des Pipelinebaus? Laut der tansanischen Zeitung The Citizen werden die ersten 100 Rohre zum Bau der Pipeline, die Anfang des Jahres geliefert wurden, in die zentral gelegene Stadt Tabora transportiert. Mit der Verlegung der Rohre soll im April 2024 begonnen werden, heißt es. Hergestellt wurden die Rohre von der chinesischen Firma Panyu Chu Kong (PCK) Steel Pipe Company Ltd in Lianyungang.

Mit dem Bau der Pumpstation 1 in der Nähe der Stadt Singida im Nordosten Tansanias wurde bereits letztes Jahr begonnen. Die 24-Zoll-Rohrleitung soll bis Dezember 2025 betriebsbereit sein und mit einem Strommix aus Wasserkraft und Solarenergie geheizt werden.

Unklar ist indessen, wie es mit dem Ausbau des Tiefseehafens in Tanga weitergeht. Geplant ist ein Tanklager, das mindestens zwei Millionen Barrel Öl fassen kann, um einen Tanker der Größe Suezmax innerhalb eines Tages beladen zu können. Für Schiffe dieser Größe muss die Meeresbucht ausgebaggert werden. Offen ist auch, wieviel Quadratmeter wertvoller Mangroven, also salztoleranter Küstenwälder, gerodet oder in Mitleidenschaft gezogen werden. Während die Umweltschutzorganisation Mangrove Action Project von deutlich über 300 Quadratmetern ausgeht, spricht der Leiter der EACOP laut Rettet den Regenwald von 240 Quadratmetern. Dabei sind Langzeitfolgen durch die Verschmutzung infolge des Rangierens der Schiffe und durch giftige Abwässer noch nicht berücksichtigt.

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