Die Entzauberung des Nordens
Ein Festival über koloniale Themen blickt nach Norden
Die Nordischen Filmtage zeigten in Lübeck neue Filme und Formate zum Thema Kolonialismus. Sie zeigen, dass es koloniale Strukturen nicht nur auf der Südhalbkugel gegeben hat. Die Filme dekonstruieren en passant das finnische Schulsystem, die deutsche »Musterkolonie« und Lübecker Selbstbilder.
An einem feuchtkühlen Novembertag steht eine junge Frau im Altstadthafen von Lübeck und zerlegt den Mythos des Hansebundes, als wäre nichts dabei. Das Bündnis, das sich vom 12. bis zum 17. Jahrhundert über Nordeuropa zog, ist der Stolz von Lübeck – klar, denn die Stadt selbst war sein Zentrum, die »Königin der Hanse«. Dank des Zusammenschlusses von Kaufleuten, welcher Zollschranken entfernte und Piraten abwehrte, wurde Lübeck reich. Genau hier, wo heute Tourist*innen historische Schiffe bewundern, wurden früher Backsteine, Zucker, Mandeln für das Marzipan und Salz aus Lüneburg verladen – das ‚weiße Gold‘ Nordeuropas.
Eine weitere beliebte Handelsware waren tausende Sklav*innen aus Afrika und der Karibik. Von dieser Seite des Hansebundes, über die im Stadtmarketing eher nicht gesprochen wird, erzählt Britta Barsch bei ihrem »Postkolonialen Stadtrundgang« durch Lübeck für das Museum für Natur und Umwelt. Barsch zeigt über das Wasser zum nachgebauten historischen Schiff »Lisa von Lübeck«.
Viele Festival-Beiträge erzählen vom indigenen Volk der Sámi und ihrer Kolonisierung
Eintausend versklavte Menschen wurden auf einem eher kleinen Schiff wie diesem für die Überfahrt zusammengepfercht, erzählt sie, viele starben dabei. Die Überlebenden wurden weiterverschifft, bei Völkerschauen ausgestellt oder sie wurden Haussklav*innen in den besseren Häusern von Lübeck.
Danach führt sie die rund sechzig Zuhörenden durch die Innens