War es das?
Der Postkolonialismus hat nach dem 7. Oktober versagt
Nach dem antisemitischen Massenmord der Hamas am 7. Oktober zeugen viele (linke) Reaktionen von einem problematischen Verständnis des Postkolonialismus. Diese Strömung und Theorierichtung – die auch als postkoloniale Theorie oder Postcolonial Studies bezeichnet wird – hat ihre Verdienste. Für ein Verstehen des 7. Oktober hat sie jedoch mehr geschadet als genutzt.
»Philosophy for Palestine«
Bereits wenige Tage nach dem Pogrom veröffentlichte die zunehmend als postkoloniale Stimme rezipierte Queer- und Gendertheoretikerin Judith Butler einen Text, der sich in seiner relativierenden Weise wie eine Blaupause für weitere linke Reaktionen liest. Butler verurteilt darin zwar mehrfach das »schreckliche und abscheuliche Massaker« der Hamas, will diese Verurteilung aber unbedingt in einen »Kontext« der Jahrzehnte währenden gewaltsamen Unterdrückung palästinensischen Lebens gestellt sehen. Nur durch Benennen der israelischen Gewalt als »Kontext« der Gewalttaten der Hamas wird laut Butler deren Bewertung erst möglich. Aber die »Grenzen des Sagbaren« im Sinne einer im Diskurs angeblich vorgeschriebenen pro-israelischen Positionierung würden das verhindern.
»Die Linke hat terrorisierte Juden im Stich gelassen«
»Kontextualisierung« bedeutet hier offenbar, die Gräueltaten der Hamas vor allem aus der Geschichte palästinensischer Unterdrückung durch Israel zu erklären. Aus dem Blick gerät dabei die vom Antisemitismus grundierte Geschichte der Muslimbruderschaft und der aus ihr entstandenen Hamas mit ihrem auf die Zerstörung Israels ausgerichteten Programm. Antisemitismus benennt Butler auch in einem Interview der Frankfurter Rundschau (FR) ausschließlich, um entsprechende Vorwürfe gegen sich selbst und Gleichgesinnte zurückzuweisen. D