Wir saufen alle gemeinsam ab
Die Queerfeindlichkeit ist das Problem
Queerer Aktivismus sieht sich nicht nur in Deutschland einer rechten, linken sowie internen Kritik seiner vorgeblichen Identitätspolitik gegenüber. Ein Blick auf deutsche Debatten lohnt sich, denn nicht zuletzt die verkürzte Kritik der Identitätspolitik verschlimmert das Problem überall.
Noch niemand hatte auf dem Bundesparteitag der Linken in Erfurt über das Gendern gesprochen, als Gregor Gysi in seiner Rede an Tag zwei bemängelte, dass es ständig nur noch um Gendern und Pronomen gehen würde. Die Partei kümmere sich zu viel um die Partikularinteressen von Minderheiten. Dabei würden diese keine wirklichen Veränderungen hervorbringen und die einfachen Leute verschrecken.
Diese Anekdote zeigt, wie verkürzte Kritik an queerer Politik und queeren Personen typischerweise aufgebaut ist: Anhand eines Beispiels wird behauptet, dass sich ‚normale Leute‘ immerzu mit den absurden Anliegen kleiner Gruppen befassen müssten, die allen anderen ihre Identität, ihren Lebensstil, ihre Themen aufdrücken wollen.
Tatsächlich sind es oft die Kritiker*innen – in diesem Fall Gysi –, die das Thema zuerst auf den Tisch bringen und dann aufbauschen. Und damit im Fall des Parteitags die wertvolle Redezeit und Aufmerksamkeit auf genau die Debatte ums Gendern lenken, die doch eigentlich Zeitverschwendung ist und die linke Bewegung spaltet. So geht diese Kritik völlig an der Frage vorbei, warum es in Deutschland trotz krisenkapitalistischer Zustände keine größere linke Mobilisierung gibt.
Gregor Gysi hat diese Kommunikationsstrategie nicht erfunden. Er teilt sie sich vielmehr mit einer ganzen Reihe sogenannter Kritiker*innen innerhalb und außerhalb der gesellschaftlichen Linken. Seit einigen Jahren schon wiederholen sich Politiker*innen aller Parteien, Kulturschaffende und Comedians in