Buchcover

»Rest is Resistance«

Rezensiert von Antonia Ziebritzki

27.02.2023
Veröffentlicht im iz3w-Heft 395

Was ist Arbeit? Kreatives Schaffen oder Care-Arbeit fallen selten unter diesen Begriff, da die Arbeitszeit fast nie und das Werk nur selten entlohnt wird. Kapitalistische Ideale sind tief in Sprache, Denken und Beziehungen verankert. Das neue Magazin des Salon der Perspektiven hinterfragt mit dem Thema Arbeit und Illusion das gängige Arbeitsverständnis. ,Verlierer*innen‘ wird ein Stück Papier geboten, sich jenseits kapitalistischer Ideale auszudrücken. 28 Autor*innen, von denen viele von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind, teilen mit den Leser*innen durch Bilder, Grafiken, Fotografien, lyrische, wissenschaftliche und erzählerische Texte verschiedene Blickwinkel auf reale Arbeitsverhältnisse und gehen der Frage nach, was Arbeit zu sein hat.

Einige Beiträge beschäftigen sich mit den ‚Aufstiegsgedanken‘ der Eltern für ihre Kinder, mit weder ausreichend entlohnter, noch anerkannter Care-Arbeit und mit den gesellschaftlichen Erwartungen an Migrant*innen, mehr Arbeit zu leisten als der Rest der Gesellschaft.

»Toxische Arbeit - toxische Beziehung«

Özlem fragt in ihrem autobiographischen Text über ihre »toxische Beziehung mit der Arbeit«, was es bedeutet, wenn Arbeit das eigene Aufenthaltsrecht sichert. Auch Loubna Khaddaj schreibt über Diskriminierung, die sie wegen der zeitweisen Arbeitslosigkeit ihres Vaters erleben musste. In »Für Papa« gibt sie einen Einblick, wie sie die Wut auf ihren Vater und die Scham vor den Mitschüler*innen überwindet und schließlich die Stärke ihres Vaters wertschätzen kann.

»I say‚ doing nothing is radical«.

Und wie ist es, wenn du immer arbeitest? Besonders von Rassismus betroffene Menschen müssen gegen Unterdrückung, gegen ihre Emotionen und Kommentare auf dem Arbeitsplatz ankämpfen. Die innere Verarbeitung von erlebten Ungerechtigkeiten und Traumata hört niemals auf: »I say‚ doing nothing is radical«. So beginnt Nafas emotionales Gedicht »Open 24hrs«.

Das Magazin verbindet radikale und eigensinnige Texte mit einem künstlerischen Layout. Der sonst wissenschaftlich geprägte Diskurs über Arbeit wird in eine kunstvolle Form übertragen und schafft so andere Zugänge zur Thematik. Perspektiven von Menschen, deren Arbeit ihre zeitlichen, körperlichen oder psychischen Kapazitäten raubt, werden Teil dieses kritischen Diskurses.

»Rest is our sacred right. Rest is liberation. Rest is resistance.« Die erste Zeile von Xinan Pandaus Gedicht legt nahe, dass eine Auszeit vielleicht den wirkungsvollsten Protest gegen das heutige Verständnis von Arbeit darstellt.

Salon der Perspektiven: Yallah Salon. Magazin der Perspektiven – Arbeit & Illusion. Edition assemblage, Münster 2022. 112 Seiten, 18 Euro.

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