»Zentral ist die traditionelle Familie«
Interview mit Ariel Goldstein über Evangelikale in Lateinamerika
Noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts waren rund 95 Prozent der Lateinamerikaner*innen katholischen Glaubens. Doch in den vergangenen Jahrzehnten konnten Evangelikale einen rasanten Zulauf verzeichnen. Mittlerweile sind sie in vielen Ländern der Region ein wichtiger politischer Akteur, besonders als Bündnispartner in rechten und autoritären Regierungen. Die iz3w hat dazu mit dem argentinischen Experten Ariel Goldstein gesprochen. Er ist Professor an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universidad de Buenos Aires.
iz3w: Überall in Lateinamerika sind Evangelikale* auf dem Vormarsch. Nach Zahlen einer aktuellen Umfrage bilden sie in Mittelamerika mittlerweile sogar die Mehrheitskonfession. Was hat zu diesem Aufstieg geführt?
Ariel Goldstein:Diese Gruppen haben es verstanden, die Volksfrömmigkeit anzusprechen. Sie verbinden Formen der Spiritualität, für die beispielsweise Dämonen und Wunder eine wichtige Rolle spielen, mit den Themen der Armen: der Prekarität, dem Drogenhandel, den Alltagssorgen im Armenviertel. Sie bieten ein wirkungsvolles Modell, um Gemeinschaft aufzubauen. Dabei profitieren sie davon, dass der Staat in den Armenvierteln entweder gar nicht präsent ist oder als repressive und korrupte Macht. Diese Viertel werden heute von zwei Gruppen dominiert: Den Evangelikalen und dem mit dem Drogenhandel verbundenen organisierten Verbrechen. Beide Gruppen leisten Formen der Sozialarbeit, zu