Die Friedensstatue in Berlin-Moabit
Die Friedensstatue in Berlin-Moabit | Foto: C.Suthorn CC-BY-SA-4.0 commons.wikimedia.org

Die Friedens­statue aus Korea

Mit Kunst gegen sexualisierte Gewalt im Krieg

von Nataly Jung-Nwa Han

11.02.2025
Veröffentlicht im iz3w-Heft 407
Teil des Dossiers Vergessene Befreier

Schätzungsweise 200.000 Mädchen und Frauen waren im Zweiten Weltkrieg von Japans systematischen Entführungen und sexueller Sklaverei betroffen. Seit 1992 fordern ehemalige ,Trostfrauen’ bei Mittwochsdemonstrationen in der koreanischen Hauptstadt Seoul Entschuldigungen und Entschädigungen. Zur tausendsten Mittwochsdemonstration 2011 wurde eine sogenannte Friedensstatue aufgestellt, die von dem koreanischen Künstlerehepaar Kim Seo-Kyung und Kim Eun-Sung gestaltet wurde. Kopien davon stehen heute in Australien, Kanada, Europa und in den USA.

Eine Betrachtung

Jedes Detail der Friedensstatue erzählt eine Geschichte:

· Die Abgebildete trägt eine koreanische Tracht (Hanbok), wie sie Mädchen damals oft trugen, als sie zu Opfern des japanischen Militärs wurden.

· Das Mädchen ist minderjährig, höchstens 13 bis 15 Jahre alt, so wie viele, die während des Kriegs in die Frontbordelle verschleppt wurden.

· Der leere Stuhl steht für Verlassenheit. Denn viele der Opfer starben, ohne je Entschuldigungen oder Entschädigungen für die Verbrechen erlebt zu haben. Aber er ist auch einladend. Betrachter*innen können sich auf den Stuhl setzen und über die Geschehnisse nachdenken.

· Die Haare des Mädchens sind zerzaust. Die grob geschnittenen Haare erinnern daran, dass die Betroffenen aus ihrem Leben gerissen und per Gewalt entführt wurden.

· Der Vogel symbolisiert die Sehnsucht nach Freiheit. Vögel sind Vermittler zwischen den Lebenden auf der Erde und Toten im Himmel.

· Die geballten Fäuste des Mädchens symbolisieren ihren festen Entschluss, nicht mehr über die Kriegsverbrechen des japanischen Militärs zu schweigen.

· Die schwarzen Steine stehen für die Leiden der Frauen. Der Schatten gehört zu einer der Frauen und verweist auf die Zeit, die seit den Verbrechen im Zweiten Weltkrieg vergangen ist.

· Der weiße Schmetterling ist in Ostasien das Symbol für die Wiedergeburt und die Hoffnung, dass die verstorbenen Frauen als Schmetterlinge auf die Erde zurückkehren, um die Entschuldigungen zu erhalten, die ihnen zu Lebzeiten verwehrt wurden.

· Das Mädchen ist barfuß und die Fersen hängen in der Luft wie viele der Betroffenen, die nach dem Krieg aus Scham nicht nach Hause zurückgekehrt sind.

· Die Inschrift auf dem Boden neben der Statue verweist darauf, dass sexualisierte Gewalt bis heute in allen Kriegen weiterhin verübt wird.

Umstrit­tenes Gedenken


Kopien der Friedensstatue wurden hierzulande bislang in Wiesent bei Regensburg, Frankfurt, Hamburg, Wolfsburg, Kassel, Dresden und Berlin-Moabit präsentiert. Sie waren jedes Mal von diplomatischen Protesten der japanischen Botschaft begleitet. Im Mai 2024 besuchte der Berliner Bürgermeister Kai Wegner (CDU) die Partnerstadt Tokio und versprach der japanischen Außenministerin Yoko Kamikawa, eine »Lösung für die Friedensstatue in Moabit« zu finden. Sie soll durch ein Denkmal gegen Gewalt an Frauen ersetzt werden, das der japanischen Regierung genehm ist. Der Korea-Verband hat dagegen protestiert.

Während der Präsentation der Ausstellung »Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg« in Köln soll eine Kopie der Originalstatue vor dem NS-Dokumentationszentrum aufgestellt werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Friedensstatue an vielen weiteren Orten gezeigt wird.

Nataly Jung-Nwa Han ist Vorsitzende des Korea-Verbandes in Berlin und nimmt am 8. März (Internationaler Frauentag) an der Kundgebung gegen sexualisierte Gewalt teil, bei der die Friedensstatue in Köln enthüllt werden soll.

Der japanische Geschichts­revisionismus zu Köln

Nach zwei Jahren Vorbereitung unter Beteiligung von vier städtischen Ämtern warf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker alles über den Haufen: Sie bestand im Dezember darauf, dass die koreanische Friedensstatue nicht vor dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln aufgestellt werden darf. Sie sollte in einen Hinterhof verbannt werden. Eine inhaltliche Begründung für die Anweisung gab es nicht. Das wäre auch schwierig, denn die Friedensstatue steht vor dem NS-DOK genau am richtigen Ort. Dort erinnert sie an die Kriegsverbrechen, welche die deutsche Wehrmacht und die mir ihr verbündete Kaiserlich-Japanische Armee im gemeinsam verantworteten Krieg an Frauen begangen hat – so die Inschrift der Statue.

Das Gedenken daran wird vom japanischen Geschichtsrevisionismus torpediert, der sich bis in Regierungskreise hinein zieht. Die japanischen Regierungen versuchen seit jeher, eine kritische Auseinandersetzung mit japanischen Kriegsverbrechen zu verhindern. Sie intervenieren überall, wo Kopien der Friedensstatue aufgestellt werden sollen.

Doch in Köln führten Proteste zu einem Votum der Bezirksvertretung Innenstadt für die Aufstellung der Statue vor dem NS-DOK. Deshalb wird sie nun gegen den Willen der Oberbürgermeisterin für drei Monate (vom 8. März bis 1. Juni) vor der Gedenkstätte gezeigt. iz3w redaktion

Dieser Artikel ist erschienen im iz3w-Heft Nr. 407 Heft bestellen
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