Aber bitte mit Schweinshaxe
Folklore und Gedenken an einem Ort?
Seit 60 Jahren ist die Geschichte der Colonia Dignidad Teil der deutsch-chilenischen Beziehungen. Die ehemalige Sektensiedlung, in der mit Wissen der Deutschen Botschaft Verbrechen begangen wurden, lockt heute mit touristischen Angeboten. Die erinnerungskulturelle Aufarbeitung hingegen stockt.
Auf der Ruta 5, ungefähr drei Stunden Fahrt südlich der Hauptstadt Santiago de Chile, werben Hinweisschilder für einen Abstecher in die Villa Baviera, das »Bayerische Dorf«. Seit 1988 ist das der offizielle Name der Sektensiedlung, die der deutsche Laienprediger Paul Schäfer mit rund 300 Anhänger*innen 1961 am Fuß der Anden gegründet hatte. Sie wurde weltweit bekannt als Colonia Dignidad, übersetzt etwa »Kolonie der Würde«.
Vierzig Kilometer von der Stadt Parral entfernt, ist die deutsche Siedlung heute über eine asphaltierte Straße zu erreichen, vorbei an kleinen Dörfern, dann durch Wälder und Felder, immer Richtung Berge, die schneebedeckten Gipfel voraus. Fast mutet der Ort idyllisch an – wäre da nicht seine düstere Vergangenheit, die bis heute das Leben Vieler innerhalb und außerhalb der Siedlung prägt. In der streng abgeriegelten Colonia Dignidad wurden Sektenangehörige jahrzehntelang ihrer Freiheit beraubt, waren Zwangsarbeit ohne Lohn und Sozialabgaben unterworfen und wurden Opfer der systematischen sexualisierten Gewalt des Sektenchefs Paul Schäfer. Bis heute leben die meisten von ihnen mit körperlichen und seelischen Verletzungen – und viele auch in Armut.
Während der chilenischen Diktatur (1973 bis 1990) kooperierte die Sektenführung eng mit dem chilenischen Geheimdienst DINA (Dirección de Inteligencia Nacional), der ein Gefangenenlager auf dem Gelände errichtete. Hunderte Oppositionelle wurden dort gefoltert, Dutzende ermordet. Einige ihrer Leichen wurden in M